Die Geißel des Himmels
von Horst Illmeram 6. Januar 2025
- Ursula K. Le Guin
DIE GEISSEL DES HIMMELS. Roman.
Ü: Joachim Körber
(Originaltitel: The Lathe of Heaven / 1971)
Wittenberge, Carcosa, 2024, 225 S.
ISBN 978-3-910914-26-1 / 22,00 Euro
Klappenbroschur
Nachdem Ursula K. Le Guins frühe Science-Fiction-Werke auf fernen Welten und weit in der Zukunft spielten, kehrte sie mit dem 1971 erschienenen Roman DIE GEISSEL DES HIMMELS auf die Erde zurück, genauer: nach Portland, Oregon, in ihre Heimatstadt. Handlungszeitraum ist die nahe Zukunft des frühen 21. Jahrhunderts – und die Erde ist in keinem besonders guten Zustand. Klima und politische Realität haben sich dramatisch verschlechtert. Terrorismus und Seuchen, Naturkatastrophen und Überbevölkerung beherrschen das Bild.
Inmitten dieses kaleidoskopischen Panoramas befindet sich George Orr, ein völlig »durchschnittlicher« Mann. Und zugleich der außergewöhnlichste Mensch des Planeten.
Denn wenn George Orr träumt, werden einige seiner Träume „wahr“, das heißt sie verändern die „Realität“. Da sich allerdings nur er selbst an die Welt vor diesen Änderungen erinnern kann, steht er seit Jahren am Rande des Wahnsinns. Nur seine seelische Integrität und Ausgewogenheit bewahren ihn vor dem Abgleiten in Wahnvorstellungen oder Allmachtsphantasien.
Dennoch benötigt er Hilfe, jemanden, mit dem er reden, dem er seine Geschichte ohne Vorbehalte erzählen kann. Der Zufall führt ihn zu Dr. William Haber, einem Psychologen mit dem Spezialgebiet Traumforschung. Nach anfänglichen Zweifeln erlebt Haber jedoch selbst, was Orrs Träume bewirken können. Und der gute Doktor fasst einen Plan: Er will mit Orrs Hilfe eine schöne, neue Welt erschaffen.
Trotz Orrs dringlichster Bitte, mit den Versuchen aufzuhören, und obwohl die Veränderungen meist nicht zum Besseren gelingen, macht Haber weiter – besessen von der Gier nach Macht. Verzweifelt versucht Orr, von Haber loszukommen, doch selbst mit Hilfe von Heather Lelache, einer farbigen Rechtsanwältin, gelingt ihm dies nicht. In der Nacht als Heather und er ein Liebespaar werden, gerät das Traumgeschehen außer Kontrolle und außerirdische Invasoren landen in Portland. Unterdessen erlangt Dr. Haber selbst die Fähigkeit, Träume real werden zu lassen – mit geradezu bestürzenden Ergebnissen …
Der Roman ist von einer tiefen Emotionalität durchdrungen, die beim Lesen intensiv berührt ohne bevormundend zu wirken. Die ethischen Fragen einer absoluten Macht – auch in den Händen des gutwilligsten Menschen – werden auf intelligente, mitreißende Weise durchgespielt. Dass letztlich die Lösung durch eine höhere Macht herbeigeführt werden muss, entwickelt sich aus der Argumentationskette als eine logische Folge, ohne jedoch die menschlichen Schwächen zu verdammen. Wir sind noch nicht so weit – und ob wir eines Tages über diesen, unseren schwarzen Schatten zu springen vermögen, steht dahin.
Le Guins Buch lässt jedoch Raum für Hoffnung.
Der bei Carcosa jetzt endlich wieder vorliegende Roman wurde anhand der Fassung letzter Hand nochmals durchgesehen und komplett überarbeitet, sodass dieser immer etwas im Schatten von Le Guins großen Zyklen stehende Klassiker nunmehr seine letztgültige Form gefunden hat. Ein unverzichtbares Meisterwerk der Science Fiction und ganz große Literatur!
Horst Illmer
- Kategorie: Bücher , Horsts Bibliothek , Science Fiction
- Keine Kommentare
von Horst Illmeram 6. Januar 2025
- Ursula K. Le Guin
DIE GEISSEL DES HIMMELS. Roman.
Ü: Joachim Körber
(Originaltitel: The Lathe of Heaven / 1971)
Wittenberge, Carcosa, 2024, 225 S.
ISBN 978-3-910914-26-1 / 22,00 Euro
Klappenbroschur
Nachdem Ursula K. Le Guins frühe Science-Fiction-Werke auf fernen Welten und weit in der Zukunft spielten, kehrte sie mit dem 1971 erschienenen Roman DIE GEISSEL DES HIMMELS auf die Erde zurück, genauer: nach Portland, Oregon, in ihre Heimatstadt. Handlungszeitraum ist die nahe Zukunft des frühen 21. Jahrhunderts – und die Erde ist in keinem besonders guten Zustand. Klima und politische Realität haben sich dramatisch verschlechtert. Terrorismus und Seuchen, Naturkatastrophen und Überbevölkerung beherrschen das Bild.
Inmitten dieses kaleidoskopischen Panoramas befindet sich George Orr, ein völlig »durchschnittlicher« Mann. Und zugleich der außergewöhnlichste Mensch des Planeten.
Denn wenn George Orr träumt, werden einige seiner Träume „wahr“, das heißt sie verändern die „Realität“. Da sich allerdings nur er selbst an die Welt vor diesen Änderungen erinnern kann, steht er seit Jahren am Rande des Wahnsinns. Nur seine seelische Integrität und Ausgewogenheit bewahren ihn vor dem Abgleiten in Wahnvorstellungen oder Allmachtsphantasien.
Dennoch benötigt er Hilfe, jemanden, mit dem er reden, dem er seine Geschichte ohne Vorbehalte erzählen kann. Der Zufall führt ihn zu Dr. William Haber, einem Psychologen mit dem Spezialgebiet Traumforschung. Nach anfänglichen Zweifeln erlebt Haber jedoch selbst, was Orrs Träume bewirken können. Und der gute Doktor fasst einen Plan: Er will mit Orrs Hilfe eine schöne, neue Welt erschaffen.
Trotz Orrs dringlichster Bitte, mit den Versuchen aufzuhören, und obwohl die Veränderungen meist nicht zum Besseren gelingen, macht Haber weiter – besessen von der Gier nach Macht. Verzweifelt versucht Orr, von Haber loszukommen, doch selbst mit Hilfe von Heather Lelache, einer farbigen Rechtsanwältin, gelingt ihm dies nicht. In der Nacht als Heather und er ein Liebespaar werden, gerät das Traumgeschehen außer Kontrolle und außerirdische Invasoren landen in Portland. Unterdessen erlangt Dr. Haber selbst die Fähigkeit, Träume real werden zu lassen – mit geradezu bestürzenden Ergebnissen …
Der Roman ist von einer tiefen Emotionalität durchdrungen, die beim Lesen intensiv berührt ohne bevormundend zu wirken. Die ethischen Fragen einer absoluten Macht – auch in den Händen des gutwilligsten Menschen – werden auf intelligente, mitreißende Weise durchgespielt. Dass letztlich die Lösung durch eine höhere Macht herbeigeführt werden muss, entwickelt sich aus der Argumentationskette als eine logische Folge, ohne jedoch die menschlichen Schwächen zu verdammen. Wir sind noch nicht so weit – und ob wir eines Tages über diesen, unseren schwarzen Schatten zu springen vermögen, steht dahin.
Le Guins Buch lässt jedoch Raum für Hoffnung.
Der bei Carcosa jetzt endlich wieder vorliegende Roman wurde anhand der Fassung letzter Hand nochmals durchgesehen und komplett überarbeitet, sodass dieser immer etwas im Schatten von Le Guins großen Zyklen stehende Klassiker nunmehr seine letztgültige Form gefunden hat. Ein unverzichtbares Meisterwerk der Science Fiction und ganz große Literatur!
Horst Illmer
- Kategorie: Bücher , Horsts Bibliothek , Science Fiction
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