Generation Coupland Plus1
von Gerdam 7. März 2011
Okay, ich hatte jetzt ein paar Tage Zeit und hab mich endlich mal an einige Bücher gesetzt, die ich vor mir hergeschoben hatte. Bei manchen wohl zurecht, aber einige echte Schmankerln sind dabei herausgekommen. Das erste Buch, das mir dabei aufgefallen ist, ist eine absolut gelungene Mischung aus gut lesbarer, nachdenklicher SF. Ein wenig Aqua TM, ein bisschen Doctorow, ein Buch für wirklich Alle. Kein als All Ager getarntes Jugendbuch, sondern ein erwachsenes Buch, dass trotzdem auch für interessierte Jugendliche perfekt passt.
1991 erschien Generation X. Damals beschrieb Coupland eindrucksvoll verschiedene Seelenzustände einer Generation – der er selbst fast angehörte.
Zwanzig Jahre später bezieht sich Coupland mit dem Titel seines neuen Episodenromanes auf den Titel von damals und auf ein Zitat von Vonnegut, das im Vorwort für alle nachzulesen ist. Er bezeichnet die Generation mit A, denn aus jedem Ende resultiert ein Neuanfang. Und so nennt Coupland sein neues Werk „Generation A“ und drückt damit Hoffnung aus. Schluss mit dem fatalistischen Weltuntergangsgewäsch, es gibt ein Morgen.
Aus der Sicht von fünf unterschiedlichen Charakteren erzählt er diese Geschichte. Fünf Ich-Erzähler, fünf Gesellschaftsgruppen, fünf Fragmente, die eine schreckliche Welt vor dem Leser entstehen lassen. In ein paar Jahren, oder fast schon jetzt, hier und heute.
Coupland schreibt sehr durchdacht und bewusst, ohne dabei konstruiert zu wirken. Die Charaktere sind authentisch, auch wenn der Autor nicht mehr ganz 😉 der Generation angehört. Sein Stil wandelt sich im Verlauf des Buches und wächst mit den Protagonisten.
Der Roman ist sicher nicht ganz große Literatur und auch sicher nicht das beste, was ich im Bereich naher Zukunftsvisionen gelesen habe, aber der Autor schafft es brilliant, wirklich philosophische Gedanken und ein abstrus, schräges Szenario in einen gut lesbaren Kontext zu packen und macht das Buch dadurch zu einem wirklich tollen Buch für alle.
Trotzdem ist Couplands Roman nicht die befürchtete Weichspüler-Version. Die Welt bleibt dreckig und kaputt, nur ist eben nicht alle Hoffnung verloren. Solange es Menschen gibt, die Gutes bewirken wollen, kann auch Gutes geschehen. Und manchmal muss man solche Dinge eben erst lernen. Das Ende ist sicher angreifbar, aber es ist Teil dessen, was das Buch trotz der bitteren Pillen zu einem gut verdaulichem Buch für Viele macht. Eine hohe Verbreitung solcher Themen ist mir tausend mal lieber, als ein elitäres Werk, das nicht gelesen wird. Denn lesenswert sind alle Gedanken des Buches in jedem Fall.
Auch im Deutschen. Die Übersetzung ist über weite Strecken wirklich gelungen, wären da nicht ein paar unglaubliche Aussetzer. Man muss sich wohl auch bei Verlagen wie Klett Cotta im Zeitalter des reinen Kapitalismus daran gewöhnen, dass es kein Lektorat mehr gibt.
Zwei klitzekleine Beispielchen seien mir gegönnt. Ich will das Buch auch wirklich nicht runtermachen. Es ist trotzdem toll!
Seite 82 Zeile 7 „…das Essen hier saugt.“ (Das saugt wirklich!)
Seite 280 Zeile 5 „…wie man sie mit etwas Sprudelwasser und Rubbeln wegbekäme.“ (So, da sollte wohl was anderes stehen, Soda? 😉 )
Tropen bei Klett Cotta € 19,95
- Kategorie: Bücher , Science Fiction
- 10 Kommentare
von Gerdam 7. März 2011
Okay, ich hatte jetzt ein paar Tage Zeit und hab mich endlich mal an einige Bücher gesetzt, die ich vor mir hergeschoben hatte. Bei manchen wohl zurecht, aber einige echte Schmankerln sind dabei herausgekommen. Das erste Buch, das mir dabei aufgefallen ist, ist eine absolut gelungene Mischung aus gut lesbarer, nachdenklicher SF. Ein wenig Aqua TM, ein bisschen Doctorow, ein Buch für wirklich Alle. Kein als All Ager getarntes Jugendbuch, sondern ein erwachsenes Buch, dass trotzdem auch für interessierte Jugendliche perfekt passt.
1991 erschien Generation X. Damals beschrieb Coupland eindrucksvoll verschiedene Seelenzustände einer Generation – der er selbst fast angehörte.
Zwanzig Jahre später bezieht sich Coupland mit dem Titel seines neuen Episodenromanes auf den Titel von damals und auf ein Zitat von Vonnegut, das im Vorwort für alle nachzulesen ist. Er bezeichnet die Generation mit A, denn aus jedem Ende resultiert ein Neuanfang. Und so nennt Coupland sein neues Werk „Generation A“ und drückt damit Hoffnung aus. Schluss mit dem fatalistischen Weltuntergangsgewäsch, es gibt ein Morgen.
Aus der Sicht von fünf unterschiedlichen Charakteren erzählt er diese Geschichte. Fünf Ich-Erzähler, fünf Gesellschaftsgruppen, fünf Fragmente, die eine schreckliche Welt vor dem Leser entstehen lassen. In ein paar Jahren, oder fast schon jetzt, hier und heute.
Coupland schreibt sehr durchdacht und bewusst, ohne dabei konstruiert zu wirken. Die Charaktere sind authentisch, auch wenn der Autor nicht mehr ganz 😉 der Generation angehört. Sein Stil wandelt sich im Verlauf des Buches und wächst mit den Protagonisten.
Der Roman ist sicher nicht ganz große Literatur und auch sicher nicht das beste, was ich im Bereich naher Zukunftsvisionen gelesen habe, aber der Autor schafft es brilliant, wirklich philosophische Gedanken und ein abstrus, schräges Szenario in einen gut lesbaren Kontext zu packen und macht das Buch dadurch zu einem wirklich tollen Buch für alle.
Trotzdem ist Couplands Roman nicht die befürchtete Weichspüler-Version. Die Welt bleibt dreckig und kaputt, nur ist eben nicht alle Hoffnung verloren. Solange es Menschen gibt, die Gutes bewirken wollen, kann auch Gutes geschehen. Und manchmal muss man solche Dinge eben erst lernen. Das Ende ist sicher angreifbar, aber es ist Teil dessen, was das Buch trotz der bitteren Pillen zu einem gut verdaulichem Buch für Viele macht. Eine hohe Verbreitung solcher Themen ist mir tausend mal lieber, als ein elitäres Werk, das nicht gelesen wird. Denn lesenswert sind alle Gedanken des Buches in jedem Fall.
Auch im Deutschen. Die Übersetzung ist über weite Strecken wirklich gelungen, wären da nicht ein paar unglaubliche Aussetzer. Man muss sich wohl auch bei Verlagen wie Klett Cotta im Zeitalter des reinen Kapitalismus daran gewöhnen, dass es kein Lektorat mehr gibt.
Zwei klitzekleine Beispielchen seien mir gegönnt. Ich will das Buch auch wirklich nicht runtermachen. Es ist trotzdem toll!
Seite 82 Zeile 7 „…das Essen hier saugt.“ (Das saugt wirklich!)
Seite 280 Zeile 5 „…wie man sie mit etwas Sprudelwasser und Rubbeln wegbekäme.“ (So, da sollte wohl was anderes stehen, Soda? 😉 )
- Kategorie: Bücher , Science Fiction
- 10 Kommentare
Wobei wir vielleicht aufs Buch zurückkommen sollten… Darum gehts ja eigentlich und wenn ich die Besprechung so lese, ist es dem Buch gegenüber nicht gerade fair, wenn wir hier über eine suboptimal übersetzte Stelle und modernen Sprachgebrauch philosophieren.
Vielleicht verwendest Du weniger Jugendsprache als Du glaubst. 😉 Kids die so reden gehören zudem nicht unbedingt zu den Kunden eines Buchladens.
Ob es an die Stelle passt ist natürlich eine andere Sache. Da mag die Übersetzung dann in der Tat nicht gerade optimal sein.
In einem Comic mit DCs "JSA" wurde es auch mal verwendet. War glaube ich eine der ersten Ausgaben der letzten Serie bei Panini. Irgendwer erzählt Stargirl etwas über die Älteren Helden, sie rennt danach an Flash und Green Lantern vorbei und sagt so etwas wie "Eure Generation saugt". Die beiden haben dann ähnlich reagiert wie Burn und Du. 😉
Ich habe übrigens "es suckt" noch nie gehört. 😉
http://dict.leo.org/forum/viewWrongentry.php?idThread=1031246
Über diese Thema haben sich wohl schon Andere den Kopf zerbrochen. Ich kann nur mit dem Zitat vin "Decemer Heart" aus diesem Beitrag abschließen:
"Na dann hat sich das ja geklärt 😉
Ich finde den deutschen Satz trotzdem extrem merkwürdig, da der Sprecher um die dreissig ist und sonst überhaupt keinen Slang verwendet.
Und sehr gebräuchlich ist es meiner Meinung nach nicht, ich gehöre selbst zu den Benützern der Jugendsprache (^^), aber habe "es saugt" im Gegensatz zu "es suckt" noch nie gehört…"
Oder ob man es nicht wieder abschafft… 😉 Ich wäre durchaus dafür.
Ok, ich nehme alles zurück. Ich habs auch grad vom Chainsaw gehört, dass "saugt" bereits im Sprachgebrauch der Jugendlichen ist.
Ich lass mich ja auch mal belehren…
Vielleicht nur noch entscheidend ob es hier auch passt 😉
Wo ist das Problem beim ersten Satz? "Das saugt" für "this sucks" ist doch heutzutage normaler Sprachgebrauch. Sogar schon seit einigen Jahren. Auch wenn es bescheuert klingt. Wie so viele jugendsprachliche Angewohnheiten der Jungspunde… 😉
Also bitte meine Herren!
Erstens hab ich gesagt, dass die Übersetzung insgesamt wirklich gefühlvoll ist und dass ich das Buch wirklich gut finde, also bitte zerredet nicht meine Besprechung.
Zweitens hab ich natürlich auch nur zwei wirklich drollige Übersetzungsfehler ausgesucht. Es fällt schon auf, dass genau die Fehler nicht verbessert sind, die bei einer erneuten Durchsicht, oder bei einem Lektorat eigentlich auffallen müssen, weil die Sätze sonst keinen Sinn machen. Klett Cotta habe ich bisher immer über den grünen Klee gelobt, eben für die Übersetzungen. Der relativ hohe Preis hat sich in meinen Augen auf diese Weise gerechtfertigt. Und jetzt das.
Argh.
Trotzdem ist das Buch in erster Linie wirklich gut!
Christian, ich bitte Dich, das kann nur zu Stande kommen, wenn ein Übersetzungsprogramm oder ein vollkommener Idiot übersetzt hat. Und dies sollte wenigstens der Lektor bemerken. Falls es diesen Berufsstand noch gibt. Pity!
Brutale Betriebsblindheit. Sieht verdammt doof aus, flutscht wahrscheinlich aber viel zu leicht durch, selbst dem Lektor. Sollte echt nicht passieren und wirkt pretty peinlich, kann aber eben sehr leicht zu Stande kommen …
Das glaub ich ja wohl nicht, der Übersetzer "saugt" auch, harrharr…