Ein König für Deutschland
von Gerdam 7. Oktober 2009
So, gerade frisch aus dem Urlaub zurück. War aber auch wirklich gut. Neben viel Glück mit dem Wetter war die Buchauswahl durchweg fesselnd und wirklich gut. Überraschende Schmankerln so wie gewohnt spannende Unterhaltung von alten Bekannten. Auf jeden Fall gab es keinen Griff ins Klo, sondern ausschließlich rundum glücklich machende Urlaubslesefreude.
Den Abschluss, auf der Heimreise machte am Wahlwochenende der neue Roman des deutschen SF Autors Andreas Eschbach. Manchmal passt so ein Timing einfach perfekt, war doch Wahlsonntag.
Wie meist bei diesem Autor handelt es sich um eine gelungene Mischung aus Realität, Thriller und eben mehr oder weniger Fiktion. Aus geschickt in Wahlereignisse der letzten Jahre konstruierte Intrigen und Verstrickungen entwirft er das Szenario einer manipulierten Bundestagswahl. Und deren Folgen.
Das Umfeld der Handlung ist eine witzige bunte Mischung aus Computernerds, Rollenspielfanatikern, Cosplaygirlies und sonstigen allzu bekannten Archetypen, wenn man in Hermkes Romanboutique ein und aus geht. Nur ein wenig gesellschaftsfähig heruntergebrochen sind die Charaktere allesamt aus dem richtigen Leben gegriffen und von Anfang an vertraute Freunde.
Eschbachs Verschwörungen sind wieder einmal in sich wunderbar stimmig, die Charaktere plakativ aber glaubwürdig und selbst die einfache Polemik politischer Aussagen trifft die aktuelle Situation.
Schade, dass so etwas nur im Märchen für Erwachsene passiert. Ich glaube, trotz seiner Reduzierung auf relativ einfache, klar nachvollziehbare Zusammenhänge, hat Andreas Eschbach bewusst provokante politische Slogans gewählt, die zwar, wie auch seine Hauptfigur Simon König auf Boulevard-Niveau bleiben, aber dennoch ein bisschen zum Nachdenken anregen. Simon König als kabarettistischer Politiker in der fiktiven Welt des Romans hat denke ich ein paar reale Anleihen an den Piraten genommen.
Monarch oder Pirat ist in jedem Fall satirisch anachronistisch und in beiden Fällen etwas zu Themen-reduziert.
Ich würde den Piraten ein kleines bisschen von der Eloquenz des Simon König alias König Simon wünschen, der so wundervoll einfach und polemisch aber dennoch mit der Freiheit des politischen Narren sein Spektrum erweitert und in die unterschiedlichen Themenbereiche der Politik hineinpoltert und sich das Recht herausnimmt wirklich andere Denkansätze vorzubringen.
Ich glaube, dass es das ist, was wirklich nötig wäre. Den alten Filz zerreißen und frisch und neu über vieles nachzudenken. Egal von welcher Warte aus. Die Strukturen unserer Politik und des Parteienapparates sind derart eingefahren, dass selbst Idealisten glatt geschliffen sind, bis sie an irgendeiner Position angekommen sind, an der sie etwas ausrichten können.
Eschbach setzt kein Fanal und ruft nicht zur Revolution auf aber er hat ein modernes Märchen geschrieben und vielleicht damit einen Keim politischen Denkens in manche Menschen gepflanzt.
Schöne Unterhaltung in einem subjektiv sehr nett beschriebenem, vertrauten Umfeld. Und nicht nur, weil es einen König gibt, war das ganze eine tolle Märchenstunde. Gelesen am Tag der Wahl auf jeden Fall das einzige Highlight dieses Tages
- Kategorie: Bücher , Science Fiction , Thriller
- 2 Kommentare
von Gerdam 7. Oktober 2009
So, gerade frisch aus dem Urlaub zurück. War aber auch wirklich gut. Neben viel Glück mit dem Wetter war die Buchauswahl durchweg fesselnd und wirklich gut. Überraschende Schmankerln so wie gewohnt spannende Unterhaltung von alten Bekannten. Auf jeden Fall gab es keinen Griff ins Klo, sondern ausschließlich rundum glücklich machende Urlaubslesefreude.
Den Abschluss, auf der Heimreise machte am Wahlwochenende der neue Roman des deutschen SF Autors Andreas Eschbach. Manchmal passt so ein Timing einfach perfekt, war doch Wahlsonntag.
Wie meist bei diesem Autor handelt es sich um eine gelungene Mischung aus Realität, Thriller und eben mehr oder weniger Fiktion. Aus geschickt in Wahlereignisse der letzten Jahre konstruierte Intrigen und Verstrickungen entwirft er das Szenario einer manipulierten Bundestagswahl. Und deren Folgen.
Das Umfeld der Handlung ist eine witzige bunte Mischung aus Computernerds, Rollenspielfanatikern, Cosplaygirlies und sonstigen allzu bekannten Archetypen, wenn man in Hermkes Romanboutique ein und aus geht. Nur ein wenig gesellschaftsfähig heruntergebrochen sind die Charaktere allesamt aus dem richtigen Leben gegriffen und von Anfang an vertraute Freunde.
Eschbachs Verschwörungen sind wieder einmal in sich wunderbar stimmig, die Charaktere plakativ aber glaubwürdig und selbst die einfache Polemik politischer Aussagen trifft die aktuelle Situation.
Schade, dass so etwas nur im Märchen für Erwachsene passiert. Ich glaube, trotz seiner Reduzierung auf relativ einfache, klar nachvollziehbare Zusammenhänge, hat Andreas Eschbach bewusst provokante politische Slogans gewählt, die zwar, wie auch seine Hauptfigur Simon König auf Boulevard-Niveau bleiben, aber dennoch ein bisschen zum Nachdenken anregen. Simon König als kabarettistischer Politiker in der fiktiven Welt des Romans hat denke ich ein paar reale Anleihen an den Piraten genommen.
Monarch oder Pirat ist in jedem Fall satirisch anachronistisch und in beiden Fällen etwas zu Themen-reduziert.
Ich würde den Piraten ein kleines bisschen von der Eloquenz des Simon König alias König Simon wünschen, der so wundervoll einfach und polemisch aber dennoch mit der Freiheit des politischen Narren sein Spektrum erweitert und in die unterschiedlichen Themenbereiche der Politik hineinpoltert und sich das Recht herausnimmt wirklich andere Denkansätze vorzubringen.
Ich glaube, dass es das ist, was wirklich nötig wäre. Den alten Filz zerreißen und frisch und neu über vieles nachzudenken. Egal von welcher Warte aus. Die Strukturen unserer Politik und des Parteienapparates sind derart eingefahren, dass selbst Idealisten glatt geschliffen sind, bis sie an irgendeiner Position angekommen sind, an der sie etwas ausrichten können.
Eschbach setzt kein Fanal und ruft nicht zur Revolution auf aber er hat ein modernes Märchen geschrieben und vielleicht damit einen Keim politischen Denkens in manche Menschen gepflanzt.
Schöne Unterhaltung in einem subjektiv sehr nett beschriebenem, vertrauten Umfeld. Und nicht nur, weil es einen König gibt, war das ganze eine tolle Märchenstunde. Gelesen am Tag der Wahl auf jeden Fall das einzige Highlight dieses Tages
- Kategorie: Bücher , Science Fiction , Thriller
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Ich fürchte, so einfach wie im Buch wird das nicht, die Massen zu überzeugen…
"Ich bin doch nicht…" und "Geiz ist…" waren denke ich unglaublich geniale Werbekampagnen, die in erster Linie nicht nur die jeweiligen Firmen betreffen, sondern die insgesamt eine unglaubliche Schnäppchenmentalität erzeugt haben. Der mündige Kunde ist heute nicht der Kunde, der die Folgen seines Handelns erkennt, sondern der Kunde, der seine Einkaufsliste möglichst billig abarbeitet.
Dass in dieser Welt eine gewachsene Einzelhandelsstruktur keine Chance hat ist, so denke ich, nicht so einfach umzukehren.
Vielleicht gibt es die Chance für ein Umdenken, wenn, wie in einem anderen Roman von Eschbach, eines Tages das Öl als Rohstoff so knapp geworden ist, dass Transportwege und Einkaufswege sowohl im Sinne einer Belieferung, als auch im Sinne des Weges der Kunden zum Ladengeschäft ihrer Wahl wieder relevant werden. Vielleicht bildet sich dann wieder die klassische dörfliche oder städtische Struktur heraus, aber ob ich den Rest dieser Vision dafür in Kauf nehmen möchte, steht auf einem anderen Blatt.
Wie auch immer, schöner Denkanstoß.
Selten hat ein Buch so intensiv in Gesprächen mit meinen Freunden nachgehallt. Klar das Ganze ist ein großer Klamauk und mit Sicherheit nicht wirklich ernst gemeint, aber dennoch werden ein paar Zusammenhänge provokant thematisiert. Und als Essenz dieses Buches kann man, denke ich, eines in die Realität mitnehmen. Es muss sich etwas bewegen in unserer politischen Landschaft, und zwar etwas drastisches. Der Boden ist bereitet für eine große Veränderung und ich denke viele Bürger würden lieber heute als morgen einer Person mit einem wirklichen Alternativkonzept ihr Ohr schenken, als bis in alle Zeiten den ewig gleichen Versprechungen unserer Kasperle-Theater-Politik zu lauschen.
Egal was es ist, eine potentielle Veränderung muss drastisch sein, denn unser System hat sich auf perfide Weise gegen sanfte Veränderungen gewappnet, indem es die durch die Stimme des Wählers bestimmten Parteien und Politiker zu machtlosen Strohpuppen der kapitalistischen Großmächte degradiert hat.
Mit der Aufklärung begann in Europa die Säkularisierung. Die Trennung zwischen Kirche und Staat wurde und wird allgemein als wichtiger Gesichtspunkt einer freiheitlich demokratischen Welt gesehen. Die Macht der Kirche hatte die weltlichen Herrscher zu Marionetten der klerikalen Gewalt gemacht und der Einfluss der Kirche erstreckte sich weit in alle Bereiche des Lebens und in die Hierarchien der bestehenden Machtstrukturen hinein.
Es ist wieder an der Zeit für eine solche Säkularisierung. Eine Trennung zwischen Politik und Großkonzernen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen, das sollte unser einziges erstrebenswertes Ziel sein. Auf den ersten Blick hört sich das völlig abseitig an, sind die Verzahnungen zwischen Staat und Wirtschaft doch im derzeitigen System scheinbar untrennbar miteinander verwoben. Die Macht der Kirche auf den Staat war aber bis zur beginnenden Aufklärung ebenfalls gottgegeben und natürlich. Und dennoch hat spätestens die französische Revolution unser Denken von vielen Reminiszensen diesbezüglich befreit.
Wenn wir es nicht unsererseits wiederum fertig bringen, uns von den modernen Götzenbildern zu befreien, werden wir in ein finsteres Mittelalter zurückfallen, und selbst die Illusion von Freiheit und Demokratie, die wenigstens noch mit viel Positivismus wahrgenommen werden kann, wird für lange Zeit verloren sein.
Als moderne Aufklärung müssen wir unsere Befreiung von der Macht der Konzerne sehen. Es ist noch nicht zu spät und es gibt eine Million kleine Dinge, die jeder einzelne tun kann um sich von der Propaganda-Maschinerie der Werbesendungen und volksverdummenden Privatsender-Berieselung zu befreien. Wir müssen aufstehen und uns wieder individualisieren. Weg vom gesteuerten Konsumvieh. Wenn wir beginnen die Mechanismen der Manipulation zu durchbrechen gibt es noch Hoffnung für Freiheit und Demokratie.
Nieder mit den Konzernen und ihren Erfüllungsgehilfen. Das soll keine Kampfansage kegen den Kapitalismus an sich sein, sondern gegen den Kapitalismus als Staatsform, denn noch leben wir in einer Republik, nicht in einem Warenhaus.
Zum Beispiel auf den Buchhandel bezogen:
Beginnt antizyklisch zu konsumieren. Gleichzeitig mit jedem gemachten Bestseller erscheinen mindestens zehn bessere oder gleich gute Bücher bei kleinen Verlagen. Wenn mehr Geld in die Platzierung eines Titels gesteckt wird als in die Produktion ist das die Schwachstelle des Systems. Kauft die Bücher, die euch der nette Buchhändler von nebenan oder eure Freunde empfehlen und kauft sie beim netten Buchhändler nebenan. Das erhält die Vielfalt der Geschäftslandschaft in eurer Straße und dient gleichzeitig dem einzig sinnvollen politischen Ziel, der neuen Säkularisierung.
Auf, lasst uns neben den Piraten und der VWM noch eine Partei andenken! Die Partei zur Rettung der Demokratie.