Der futurologische Kongress
von Horst Illmeram 17. April 2020
Stanislaw Lem
DER FUTUROLOGISCHE KONGRESS. Aus Ijon Tichys Erinnerungen.
(Kongres Futurologiczny / 1972)
Übersetzer: I. Zimmermann-Göllheim,
Suhrkamp Verlag AG
September 2004 – 144 Seiten – € 7,00
ISBN: 9783518370346
Stanislaw Lems Roman folgt einem klassischen Aufbauprinzip und teilt sich in einen humoristischen und einen tragischen Teil.
Es beginnt mit dem, in der Gegenwart angesiedelten Bericht vom „Futurologischen Kongress“ in Costicana: Lustig, überbrodelnd, albern, satirisch nimmt er den Wissenschafts- und Tagungsbetrieb auf die Schippe. Manchmal bleibt das Lachen im Halse stecken, so genau ist alles getroffen.
Nachdem der Kongress durch Bürgerkriegswirren gestört wurde, springt die Handlung des zweiten Teils ins Jahr 2039: Der aus dem Kälteschlaf erweckte Ion Tichy lernt eine Welt kennen, in der eine glückliche, friedliche Menschheit in Wohlstand und Frieden lebt. Alle nehmen Psychopharmaka, und erst als Tichy sich der Medikation verweigert, fallen ihm gewisse Ungereimtheiten auf.
Wie von einer Zwiebel fallen von der Welt nun die Schalen der Subjektivität – und immer übler und schlimmer ist, was darunter zum Vorschein kommt.
In keiner anderen der klassischen Anti-Utopien wird die scheinbare Realität dermaßen gründlich zertrümmert; als Leser ist man ständig der Meinung, nun kann’s aber nicht mehr schlimmer werden – es wird!
Beendet wird das Schreckensgemälde durch das Aufwachen Tichys in der Kanalisation unter dem „Hilton“ in Costicana. Dorthin waren er und seine Kongressbegleiter vor den Vorläufern jener C-Waffen, von denen er träumte, geflüchtet.
Ein Buch, welches eindrucksvoll Lems sprachliche Kompetenz und sein außergewöhnliches Wissen belegt und ihn auf eine Stufe mit den wichtigsten Dystopien von Orwell und Huxley stellt. Seine stilistischen Finessen zeigen ihn auf einer Ebene mit so sprachgewaltigen Autoren wie James Joyce und Arno Schmidt.
Horst Illmer
- Kategorie: Bücher , Horsts Bibliothek , Rezis , Science Fiction
- Kommentare deaktiviert für Der futurologische Kongress
von Horst Illmeram 17. April 2020
Stanislaw Lem
DER FUTUROLOGISCHE KONGRESS. Aus Ijon Tichys Erinnerungen.
(Kongres Futurologiczny / 1972)
Übersetzer: I. Zimmermann-Göllheim,
Suhrkamp Verlag AG
September 2004 – 144 Seiten – € 7,00
ISBN: 9783518370346
Stanislaw Lems Roman folgt einem klassischen Aufbauprinzip und teilt sich in einen humoristischen und einen tragischen Teil.
Es beginnt mit dem, in der Gegenwart angesiedelten Bericht vom „Futurologischen Kongress“ in Costicana: Lustig, überbrodelnd, albern, satirisch nimmt er den Wissenschafts- und Tagungsbetrieb auf die Schippe. Manchmal bleibt das Lachen im Halse stecken, so genau ist alles getroffen.
Nachdem der Kongress durch Bürgerkriegswirren gestört wurde, springt die Handlung des zweiten Teils ins Jahr 2039: Der aus dem Kälteschlaf erweckte Ion Tichy lernt eine Welt kennen, in der eine glückliche, friedliche Menschheit in Wohlstand und Frieden lebt. Alle nehmen Psychopharmaka, und erst als Tichy sich der Medikation verweigert, fallen ihm gewisse Ungereimtheiten auf.
Wie von einer Zwiebel fallen von der Welt nun die Schalen der Subjektivität – und immer übler und schlimmer ist, was darunter zum Vorschein kommt.
In keiner anderen der klassischen Anti-Utopien wird die scheinbare Realität dermaßen gründlich zertrümmert; als Leser ist man ständig der Meinung, nun kann’s aber nicht mehr schlimmer werden – es wird!
Beendet wird das Schreckensgemälde durch das Aufwachen Tichys in der Kanalisation unter dem „Hilton“ in Costicana. Dorthin waren er und seine Kongressbegleiter vor den Vorläufern jener C-Waffen, von denen er träumte, geflüchtet.
Ein Buch, welches eindrucksvoll Lems sprachliche Kompetenz und sein außergewöhnliches Wissen belegt und ihn auf eine Stufe mit den wichtigsten Dystopien von Orwell und Huxley stellt. Seine stilistischen Finessen zeigen ihn auf einer Ebene mit so sprachgewaltigen Autoren wie James Joyce und Arno Schmidt.
Horst Illmer
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