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H. P. Lovecraft: Das Werk

von am 23. Oktober 2017

H. P. Lovecraft: Das Werk

Was wäre die unheimliche Literatur ohne Howard Phillips Lovecraft? Auf diese Frage lässt sich wohl kaum eine Antwort finden. Der sog. Einsiedler aus Providence gilt nicht umsonst als Vater des Horrors und bietet, trotz vorhandener Schwächen in Werk und Vita, immer wieder ein interessantes Beschäftigungsfeld.

Das Werk mag hier etwas missverständlich sein, und zu dem Gedanken führen, dass in dieser Mammutausgabe sämtliche von Lovecraft verfassten Geschichten enthalten sind. Tatsächlich handelt es sich um eine sorgfältig von Herausgeber Leslie S. Klinger zusammengestellte Auswahl. Wie sie zustande kam, erklärt Klinger am Anfang des Buches. Lovecraft erlebt seit Mitte der 2000er eine kleine Renaissance. Dies dürfte nicht zuletzt den Ausgaben der Edition Phantasia und des Festa Verlags geschuldet sein, die sich jeweils ab 2005 der Veröffentlichung hochwertiger Ausgaben der Werke des „Großen Alten“ annahmen. Inzwischen wurde H. P. Lovecraft auch von diversen Niedrigpreisverlagen entdeckt. Von immer mehr Anspielungen in Film und Fernsehen ganz zu schweigen.

Warum also eine weitere Lovecraft-Ausgabe? H. P. Lovecraft gilt einerseits als Urvater des modernen Horrors. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass es, mit Ausnahme der Pionierarbeit S. T. Joshis, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Leben und Werk dieses Autoren bisher kaum gab. Der vorliegende Band soll dem Abhilfe schaffen, Joshis Arbeit ergänzen und zum Teil auch einen anderen Blickwinkel präsentieren. So wird die vorliegende Ausgabe mit einem ausführlichen Abriss über „Großvater Theobald“ und sein Wirken eröffnet, der auch Kennern Lovecrafts noch neue Einblicke geben wird. In über tausend Anmerkungen werden weitere Aspekte zu den enthaltenen Geschichten, ihrer Entstehung und Hintergründe beleuchtet. Abgerundet wird das ganze mit ca. 300 Abbildungen (die Zahlen entnehme ich der Verlagsseite). In der deutschen Ausgabe findet sich im Anhang ein von den Übersetzern Alexander Pechmann und Andreas Fliedner erarbeitetes Kapitel über „Lovecraft im deutschen Sprachraum“, der die aus der Originalausgabe übernommenen Extras wunderbar abrundet. Allein, das Kapitel über Lovecraft und Musik hätte für meinen Geschmack ausführlicher sein dürfen.

Großes Augenmerk legt der Verlag auf die neue Übersetzung der Herren Fliedner und Pechmann, deren Arbeit an Lovecraft man bereits in Der Fall Charles Dexter Ward und Das übernatürliche Grauen in der Literatur (jew. Golkonda) bewundern konnte. Da ich just The Complete Fiction of H. P. Lovecraft beendet habe, sind mir die originalen Texte noch sehr präsent. Die Übersetzer liefern erstklassige Arbeit ab, die weit über älteren Übersetzungen steht, die nicht nur Lovecraft einen Bärendienst erwiesen haben. Übersetzer wie Friedrich Polakovics oder, in Lovecrafts Fall, Charlotte Gräfin von Klinckowstroem waren der Auffassung, die Sprache solcher Autoren wie Algernon Blackwood, William Hope Hodgson u. a. aufwerten zu müssen, weswegen diese deutschen Versionen gestelzter und altertümlicher daherkamen, als es die Werke dieser Autoren in der ursprünglichen Version jemals waren. Von Arno Schmidts fragwürdigem psychoanalytischen Ansatz (E. A. Poe) will ich erst gar nicht sprechen. Diesen Fehler begehen Pechmann und Fliedner entschieden nicht. Sie orientieren sich sehr stark an der Vorlage und an Lovecrafts Diktion. Ob letzteres immer vom Vorteil ist, wage ich jedoch zu bezweifeln. Trotz Lovecrafts Hang zur Altertümelei geht der Geist der Geschichten nicht verloren, wenn man von einem Ehrengrab und nicht von einem Kenotaph spricht.

Alan Moore spricht von einem unerlässlichen Buch, dem sowohl erfahrene Lovecraft-Kenner als auch solche, die sich erstmals an die Schriften HPLs wagen, eine Fülle neuer Erkenntnisse erwarten. Dies ist so weit sicher richtig. Jedoch steht zu bezweifeln, dass dieses Monumentalwerk eine gute Empfehlung für Leser ist, die Lovecraft kennenlernen wollen, denn diese dürften kaum ein gesteigertes Interesse an dem reichhaltigen Hintergrundmaterial hegen. Warum auch so lange die Möglichkeit besteht, dass dem Rezipienten nicht gefällt was er liest? Zudem ist es fraglich, ob jemand bereit ist, fast 70,00 Euro für ein Buch zu bezahlten, um einen Autoren kennenzulernen. Neueinsteiger sind mit einer der Ausgaben des Festa Verlags oder der o. g. Ausgaben von Golkonda besser beraten. H. P. Lovecraft: Das Werk indes richtet sich an Kenner und Fans Lovecrafts und der Weird Fiction, die ein gesteigertes Interesse an diesem Autoren bzw. seiner Rolle in der Entwicklung der unheimlichen Literatur haben. Für diese und alle ernsthaften und hobbymäßigen Literaturforscher legt Fischer Tor zweifelsfrei ein Standardwerk vor.

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H. P. Lovecraft: Das Werk; Hardcover m. Schutzumschlag, Überformat (68,00 Euro)

H. P. Lovecraft: Der kosmische Schrecken; Hardcover m. Schutzumschlag, (24,00 Euro)

H. P. Lovecraft: Chronik des Cthulhu-Mythos I; Taschenbuch (13,95 Euro)

H. P. Lovecraft: Der Fall Charles Dexter Ward; Taschenbuch (16,90 Euro)

H. P. Lovecraft: Das übernatürliche Grauen in der Literatur; Taschenbuch (16,90 Euro)

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von am 23. Oktober 2017

H. P. Lovecraft: Das Werk

Was wäre die unheimliche Literatur ohne Howard Phillips Lovecraft? Auf diese Frage lässt sich wohl kaum eine Antwort finden. Der sog. Einsiedler aus Providence gilt nicht umsonst als Vater des Horrors und bietet, trotz vorhandener Schwächen in Werk und Vita, immer wieder ein interessantes Beschäftigungsfeld.

Das Werk mag hier etwas missverständlich sein, und zu dem Gedanken führen, dass in dieser Mammutausgabe sämtliche von Lovecraft verfassten Geschichten enthalten sind. Tatsächlich handelt es sich um eine sorgfältig von Herausgeber Leslie S. Klinger zusammengestellte Auswahl. Wie sie zustande kam, erklärt Klinger am Anfang des Buches. Lovecraft erlebt seit Mitte der 2000er eine kleine Renaissance. Dies dürfte nicht zuletzt den Ausgaben der Edition Phantasia und des Festa Verlags geschuldet sein, die sich jeweils ab 2005 der Veröffentlichung hochwertiger Ausgaben der Werke des „Großen Alten“ annahmen. Inzwischen wurde H. P. Lovecraft auch von diversen Niedrigpreisverlagen entdeckt. Von immer mehr Anspielungen in Film und Fernsehen ganz zu schweigen.

Warum also eine weitere Lovecraft-Ausgabe? H. P. Lovecraft gilt einerseits als Urvater des modernen Horrors. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass es, mit Ausnahme der Pionierarbeit S. T. Joshis, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Leben und Werk dieses Autoren bisher kaum gab. Der vorliegende Band soll dem Abhilfe schaffen, Joshis Arbeit ergänzen und zum Teil auch einen anderen Blickwinkel präsentieren. So wird die vorliegende Ausgabe mit einem ausführlichen Abriss über „Großvater Theobald“ und sein Wirken eröffnet, der auch Kennern Lovecrafts noch neue Einblicke geben wird. In über tausend Anmerkungen werden weitere Aspekte zu den enthaltenen Geschichten, ihrer Entstehung und Hintergründe beleuchtet. Abgerundet wird das ganze mit ca. 300 Abbildungen (die Zahlen entnehme ich der Verlagsseite). In der deutschen Ausgabe findet sich im Anhang ein von den Übersetzern Alexander Pechmann und Andreas Fliedner erarbeitetes Kapitel über „Lovecraft im deutschen Sprachraum“, der die aus der Originalausgabe übernommenen Extras wunderbar abrundet. Allein, das Kapitel über Lovecraft und Musik hätte für meinen Geschmack ausführlicher sein dürfen.

Großes Augenmerk legt der Verlag auf die neue Übersetzung der Herren Fliedner und Pechmann, deren Arbeit an Lovecraft man bereits in Der Fall Charles Dexter Ward und Das übernatürliche Grauen in der Literatur (jew. Golkonda) bewundern konnte. Da ich just The Complete Fiction of H. P. Lovecraft beendet habe, sind mir die originalen Texte noch sehr präsent. Die Übersetzer liefern erstklassige Arbeit ab, die weit über älteren Übersetzungen steht, die nicht nur Lovecraft einen Bärendienst erwiesen haben. Übersetzer wie Friedrich Polakovics oder, in Lovecrafts Fall, Charlotte Gräfin von Klinckowstroem waren der Auffassung, die Sprache solcher Autoren wie Algernon Blackwood, William Hope Hodgson u. a. aufwerten zu müssen, weswegen diese deutschen Versionen gestelzter und altertümlicher daherkamen, als es die Werke dieser Autoren in der ursprünglichen Version jemals waren. Von Arno Schmidts fragwürdigem psychoanalytischen Ansatz (E. A. Poe) will ich erst gar nicht sprechen. Diesen Fehler begehen Pechmann und Fliedner entschieden nicht. Sie orientieren sich sehr stark an der Vorlage und an Lovecrafts Diktion. Ob letzteres immer vom Vorteil ist, wage ich jedoch zu bezweifeln. Trotz Lovecrafts Hang zur Altertümelei geht der Geist der Geschichten nicht verloren, wenn man von einem Ehrengrab und nicht von einem Kenotaph spricht.

Alan Moore spricht von einem unerlässlichen Buch, dem sowohl erfahrene Lovecraft-Kenner als auch solche, die sich erstmals an die Schriften HPLs wagen, eine Fülle neuer Erkenntnisse erwarten. Dies ist so weit sicher richtig. Jedoch steht zu bezweifeln, dass dieses Monumentalwerk eine gute Empfehlung für Leser ist, die Lovecraft kennenlernen wollen, denn diese dürften kaum ein gesteigertes Interesse an dem reichhaltigen Hintergrundmaterial hegen. Warum auch so lange die Möglichkeit besteht, dass dem Rezipienten nicht gefällt was er liest? Zudem ist es fraglich, ob jemand bereit ist, fast 70,00 Euro für ein Buch zu bezahlten, um einen Autoren kennenzulernen. Neueinsteiger sind mit einer der Ausgaben des Festa Verlags oder der o. g. Ausgaben von Golkonda besser beraten. H. P. Lovecraft: Das Werk indes richtet sich an Kenner und Fans Lovecrafts und der Weird Fiction, die ein gesteigertes Interesse an diesem Autoren bzw. seiner Rolle in der Entwicklung der unheimlichen Literatur haben. Für diese und alle ernsthaften und hobbymäßigen Literaturforscher legt Fischer Tor zweifelsfrei ein Standardwerk vor.

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