Rezis

Rezensionen sind Artikel zu einzelnen Werken oder Produkten. Für kurze Empfehlungen, Topps oder Flops gibt es die Kategorie "Tipps"

Unendlicher Spass

von am 10. November 2019 Kommentare deaktiviert für Unendlicher Spass

David Foster Wallace
UNENDLICHER SPASS. Roman.
Übersetzt von Ulrich Blumenbach
(Infinite Jest / 1996)
Reinbek, Rowohlt, 2012, 1552 Seiten
ISBN-13: 978-3-499-24957-0 / 18,00 Euro

UNENDLICHER SPASS – UNENDLICHES SPIEL.
Ungekürzte Lesung von Ulrich Blumenbach u.v.a.
Regie: Andreas Ammer, Andreas Gerth und Acid Pauli
Hörverlag, 2018, 10 mp3-CDs, 80 Stunden
ISBN 978-3-8445-2707-0 / 49,90 Euro

David Foster Wallace hat mit INFINITE JEST / UNENDLICHER SPASS eines jener Jahrhundertbücher abgeliefert, das wie James Joyce‘ ULYSSES, Marcel Prousts AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT oder Arno Schmidts ZETTEL’S TRAUM zuallererst einmal den Kritiker, den Literatur-Kenner, den Rätsel-Liebhaber, den Zitatensammler, den Literaturwissenschaftler anspricht.
Solche Bücher werden immer reich an Ruhm und arm an Lesern sein und bleiben. Wer sich aber einmal in den Sog der labyrinthischen Handlung, in die Tiefen der Sprachbehandlung und stilistischen Kapriolen gestürzt hat, wird darin – trotz aller Gefahren und Unbequemlichkeiten, die ein solch Poe’scher „Mahlstrom“ mit sich bringt – gerne und immer wieder seine Zeit verbringen wollen.

Als 2009 endlich die deutsche Ausgabe von Wallace’ Jahrhundertbuch, übersetzt von Ulrich Blumenbach, unter dem Titel UNENDLICHER SPASS in die Buchhandlungen kam, war vor allem das Feuilleton begeistert – und die Leser ob der mehr als 1500 Seiten erst einmal geschockt.
Wer sich bisher nicht an diesen als äußerst schwierig zu lesenden und verwirrend konstruierten Roman herantraute, kann ihn sich jetzt vorlesen lassen. In einer Co-Produktion von WDR, BR2 und DLF inszenierten Andreas Ammer, Andreas Gerth und Acid Pauli das „größte Radiokunstprojekt aller Zeiten“: UNENDLICHER SPASS – UNENDLICHES SPIEL, die vollständige Lesung mit über 1400 Sprechern (jeder genau eine Seite, nur Ulrich Blumenbach liest alle 388 Anmerkungen selbst) und einer Gesamtlaufzeit von etwa 80 Stunden. Untermalt wird dieses ebenso spannende wie spektakuläre Experiment von der autonom generierten Musik eines analogen Synthesizers, der sogenannten „Goldenen Maschine“. Ausführliche Erklärungen zum Projekt lassen sich im 60 Seiten starken Booklet nachlesen.

Ob selbst lesen oder sich vorlesen lassen: auf jeden Fall ganz sicher ein einzigartiges Erlebnis!

Horst Illmer

David Foster Wallace
UNENDLICHER SPASS. Roman.
Übersetzt von Ulrich Blumenbach
(Infinite Jest / 1996)
Reinbek, Rowohlt, 2012, 1552 Seiten
ISBN-13: 978-3-499-24957-0 / 18,00 Euro

UNENDLICHER SPASS – UNENDLICHES SPIEL.
Ungekürzte Lesung von Ulrich Blumenbach u.v.a.
Regie: Andreas Ammer, Andreas Gerth und Acid Pauli
Hörverlag, 2018, 10 mp3-CDs, 80 Stunden
ISBN 978-3-8445-2707-0 / 49,90 Euro

David Foster Wallace hat mit INFINITE JEST / UNENDLICHER SPASS eines jener Jahrhundertbücher abgeliefert,

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Niegeschichte

von am 7. November 2019 Kommentare deaktiviert für Niegeschichte

Dietmar Dath
NIEGESCHICHTE.
Science Fiction als Kunst- und Denkmaschine.
Berlin, Matthes & Seitz, 2019, 941 Seiten
ISBN 978-3-95757-785-6

Der offensichtlichste Unterschied zwischen Denis Schecks KANON und Dietmar Daths NIEGESCHICHTE ist die Anzahl und Farbe der Lesebändchen. Besitzt Daths Buch ein funktionales und ideengeschichtlich und produktionstechnisch geradezu „klassisch“ zu nennendes, einzelnes, schwarzgefärbtes Lesebändchen, so zeigt „der Scheck“ schon beim ersten Öffnen des Werks Farbe, nein Farben! Rot und gelb flattern lustig gleich zwei Stofffähnlein im Wind der Freiheit.
Das nächst Auffällige ist der schiere Umfang: Braucht Scheck für seine 100 Lieblingsbücher 470 Seiten (ein „nur“ will man hier nicht unbedingt anfügen), so täuscht „der Dath“ seine präsumtiven Rezipienten mit den knapp über 940 bedruckten Seiten, denn die Textmenge pro NIEGESCHICHTE-Seite ist um den Faktor 1,5 mal höher als die KANON-Normseite, was dann auf tatsächlich zu lesende 1.500 Seiten Umfang hinausläuft.
Ebenso ins Auge stechen die unterschiedlichen Einband-Gestaltungen (ein fröhlicher Scheck von Torben Kuhlmann bzw. „Cities in Flight“ von Chris Foss für Dath) und die (in NIEGESCHICHTE gar nicht vorhandenen) Illustrationen zur Auflockerung.
Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten: Beiden Büchern ist ein Register-Anhang zu Eigen, der bei der Erschließung des Inhalts (der Inhalte?) dankbare Nutzer finden wird.
Außerdem wird in beiden Büchern viel über Science Fiction gesprochen (bzw. geschrieben).
Das gehört dann aber auch schon wieder zu den Dingen, die den Unterschied ausmachen: Die Art und Weise wie beide Autoren an diese Literatur herangehen ist diametral gegensätzlich (obwohl sie es gar nicht sein müsste). Schecks flockig-lockerer Umgang mit Literatur (und ihren Kritikern) ist so völlig anders als Daths theorie- und fremdwortlastiges Schreiben, dass man kaum glaubt, beide fänden je einen gemeinsamen Nenner. (Hört man Dietmar Dath dann allerdings, z. B. im Deutschlandfunk, über sein Lieblingsthema reden, klingt alles verständlich und klar nachvollziehbar – jetzt muss er nur noch lernen, so zu schreiben.)
NIEGESCHICHTE ist einer der engagiertesten, niveauvollsten, herausforderndsten Egotrips in die Welt der Science Fiction, den die deutsche Sekundärliteratur bisher hervorgebracht hat; erratisch wie der Monolith in 2001 – ODYSSEE IM WELTRAUM.
Über dieses Monumentalwerk muss sich jeder Leser eine eigene Meinung bilden.

Horst Illmer

Dietmar Dath
NIEGESCHICHTE.
Science Fiction als Kunst- und Denkmaschine.
Berlin, Matthes & Seitz, 2019, 941 Seiten
ISBN 978-3-95757-785-6

Der offensichtlichste Unterschied zwischen Denis Schecks KANON und Dietmar Daths NIEGESCHICHTE ist die Anzahl und Farbe der Lesebändchen. Besitzt Daths Buch ein funktionales und ideengeschichtlich und produktionstechnisch geradezu „klassisch“ zu nennendes, einzelnes, schwarzgefärbtes Lesebändchen, so zeigt „der Scheck“ schon beim ersten Öffnen des Werks Farbe, nein Farben! Rot und gelb flattern lustig gleich zwei Stofffähnlein im Wind der Freiheit.

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Highwayman

von am 4. November 2019 Kommentare deaktiviert für Highwayman

Koren Shadmi (Text & Bild)
HIGHWAYMAN.
Marietta, Top Shelf, 2019, 160 Seiten
ISBN 978-1-60309-441-2
Softcover

Der 1981 in Israel geborene und inzwischen in New York ansässige Autor und Zeichner Koren Shadmi ist auch hierzulande kein völlig Unbekannter mehr. Sein Comic LOVE ADDICT (Egmont) und seine gezeichnete Biografie von Gary Gygax, dem ERSTEN SPIELLEITER (Feder & Schwert) bekamen durchweg positive Besprechungen.
In den USA ist jetzt mit HIGHWAYMAN (Top Shelf) ein außergewöhnlicher Science-Fiction-Comic erschienen, in dem Shadmi gleichermaßen seine Fähigkeiten als Zeichner und Geschichtenerzähler beweist. Ein ohne eigenes Zutun unsterblich gewordener Mann trampt per Anhalter – nicht durch die Galaxis, sondern – durch die USA dieses und der nächsten Jahrhunderte, immer auf der Suche nach Antworten auf seine drängenden Fragen, dabei immer auch den Launen jener Menschen ausgeliefert, die ihn mitnehmen.
Die Zukunft, in die der HIGHWAYMAN – und mit ihm die ganze Menschheit – reist, ist alles andere als paradiesisch. Als er schließlich im vorletzten Kapitel erfährt, welcher Plan sich hinter seiner „unendlichen Reise“ verbirgt, zeigt sich jedoch, dass es Menschen gibt, die ihr Schicksal selbst zu bestimmen vermögen.
Ganz großes Kino!

Horst Illmer

Koren Shadmi (Text & Bild)
HIGHWAYMAN.
Marietta, Top Shelf, 2019, 160 Seiten
ISBN 978-1-60309-441-2
Softcover

Der 1981 in Israel geborene und inzwischen in New York ansässige Autor und Zeichner Koren Shadmi ist auch hierzulande kein völlig Unbekannter mehr. Sein Comic LOVE ADDICT (Egmont) und seine gezeichnete Biografie von Gary Gygax, dem ERSTEN SPIELLEITER (Feder & Schwert) bekamen durchweg positive Besprechungen.
In den USA ist jetzt mit HIGHWAYMAN (Top Shelf) ein außergewöhnlicher Science-Fiction-Comic erschienen,

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Schecks Kanon

von am 26. Oktober 2019 Kommentare deaktiviert für Schecks Kanon

Denis Scheck
SCHECKS KANON.
Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur von KRIEG UND FRIEDEN bis TIM UND STRUPPI.
Illustriert von Torben Kuhlmann
München, Piper, 2019, 470 Seiten / Hardcover
ISBN 978-3-492-05934-3

Es gab ja schon einige Versuche, die Vielfalt literarischer Erzeugnisse der letzten paar Jahrtausende in einem Kanon zu bündeln – und je höher der Anspruch des Kanon-Erstellers, desto weniger Science Fiction, Fantasy, Phantastik war enthalten.
Die Erwartungshaltung an SCHECKS KANON, dem soeben erschienen Credo des beliebten TV-Buchkritikers Denis Scheck, ist naturgemäß eine andere. Keiner aus der deutschen Kritikerzunft hat mehr und öfter über literarische Phantastik, über Fantasy und Science Fiction geschrieben und gesprochen als Scheck, keiner kann wie er auf ein reichhaltiges Portfolio eigener Übersetzungen solcher Literatur verweisen und keiner ist mit mehr Genre-Autoren befreundet, als der sympathisch schwäbelnde Liebhaber guter Bücher.
Und jetzt also die „100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“, die laut Untertitel von KRIEG UND FRIEDEN bis zu TIM UND STRUPPI reichen sollen (und von Torben Kuhlmann liebevoll illustriert sind).
Ein erster Schnelldurchgang bestätigt die Hoffnungen: J. R. R. Tolkien, Ursula K. Le Guin und James Tiptree jr. stechen sofort ins Auge, Mary Shelley und Edgar Allan Poe könnten sogar von Marcel Reich-Ranicki ohne Widerspruch hingenommen worden sein und auf Jorge Luis Borges können sich vermutlich alle einigen.
Also nochmals durchs Inhaltsverzeichnis, diesmal mit etwas mehr Geduld: Der D.O.N.A.L.D.ist Scheck hat natürlich eine Entenhausener Duck-Tale von Carl Barks hineingeschmuggelt, wie versprochen Hergés TIM UND STRUPPI untergebracht und die PEANUTS von Charles M. Schulz nicht vergessen. Seine persönlichen Lieblinge Arno Schmidt, David Foster Wallace, Thomas Pynchon, Margaret Atwood und Kurt Vonnegut jr. sind jeweils mit utopisch-phantastischen Werken vertreten.
Die gerne vergessene Kinder- und Jugendliteratur reicht von den Märchen der Brüder Grimm und TAUSENDUNDEINE NACHT über Selma Lagerlöf und Astrid Lindgren bis zu Lewis Carroll, Robert Louis Stevenson, Jules Verne und Joanne K. Rowling.
Dazu gibt es noch ein paar echte phantastische Geheimtipps wie Michel Houellebecq oder Ngugi wa Thiong’o zu entdecken.
Da SCHECKS KANON aber gerade kein Spezial-Kanon für Science Fiction sein will, sondern an das allgemeine Lesepublikum gerichtet ist, sind auch die „üblichen Verdächtigen“ vorhanden bzw. in der gut begründeten Überzahl: Shakespeare, Goethe, Voltaire, Dickinson, Tolstoi, Sappho, Dostojewski, Ovid, Hemingway, Kafka, Joyce, Beckett, Cervantes, Homer – und wie sie alle heißen. Denn nur weil jemand Humor besitzt, heißt das ja nicht, dass er jeder Ernsthaftigkeit entbehrt.
SCHECKS KANON besticht durch eine überraschende und in jedem einzelnen Fall ausführlich dargelegte Sicht auf „die Weltliteratur“ in ihrer für die meisten unübersichtlichen Größe, Masse und Verschiedenheit. Es tut gut, dass auch ein Comic hier auftauchen darf, ein Krimi oder ein Ritterroman. Abenteuer, Spannung und Gefühl sind für Scheck ebenso wichtige Kriterien wie Stilsicherheit, Sprachbeherrschung und Experimentierfreude.
Und kaum ein Kollege oder eine Kollegin versteht es, die echte, ungetrübte Freude an einem guten Buch so überzeugend zu vermitteln wie Denis Scheck.
Kein Kanon für die Ewigkeit, aber ein Buch, dem man unendlich viele Anregungen entnehmen kann.

Horst Illmer

Denis Scheck
SCHECKS KANON.
Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur von KRIEG UND FRIEDEN bis TIM UND STRUPPI.
Illustriert von Torben Kuhlmann
München, Piper, 2019, 470 Seiten / Hardcover
ISBN 978-3-492-05934-3

Es gab ja schon einige Versuche, die Vielfalt literarischer Erzeugnisse der letzten paar Jahrtausende in einem Kanon zu bündeln – und je höher der Anspruch des Kanon-Erstellers, desto weniger Science Fiction, Fantasy, Phantastik war enthalten.
Die Erwartungshaltung an SCHECKS KANON, dem soeben erschienen Credo des beliebten TV-Buchkritikers Denis Scheck,

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Batman: Der dunkle Prinz

von am 8. Oktober 2019 Kommentare deaktiviert für Batman: Der dunkle Prinz

Enrico Marini (Text und Bilder)
BATMAN: DER DUNKLE PRINZ.
Übersetzung: Monja Reichert
Vorwort: Christian Endres
Interview: Alexander Bubenheimer
(Batman: The Dark Prince Charming / 2017/18)
Stuttgart, Panini, 2019, 152 S.
Hardcover mit Folieneinband
ISBN 978-3-7416-1122-3 / 39,00 Euro

Als in den Jahren 2017 und 2018 in den USA die zweiteilige Grafic Novel BATMAN: THE DARK PRINCE CHARMING von Enrico Marini veröffentlicht wurde, war schnell klar, dass hier ein großer europäischer Künstler frischen Wind in den etwas angestaubten amerikanischen Comic-Markt brachte.
Der 1969 in Basel geborene Marini (DIE ADLER ROMS) nahm sich, bei allem gebotenen Respekt vor der Ikone BATMAN und seinen Mitspielern, ziemlich viele Freiheiten bei der Umsetzung der von ihm im Alleingang geschriebenen und gezeichneten Geschichte.
Der Plot kreist um eine Kindesentführung durch den Joker, der damit gleichzeitig Bruce Wayne erpressen und seiner Gespielin Harley Quinn imponieren will, jedoch keine Ahnung hat, welchen Furor er dadurch in seinem größten Widersacher erweckt!
Die deutsche Ausgabe von BATMAN: DER DUNKLE PRINZ erschien bereits 2018 bei Panini, sowohl in zwei Bänden als auch in einem Sammelband, jedoch erst die soeben veröffentlichte Deluxe-Edition wird aufgrund ihrer riesigen Dimensionen (37 x 25 cm), der stabilen Fadenheftung und des erweiterten Zusatzmaterials (inklusive der bedruckten Einbandfolie) dem Rang gerecht, den DER DUNKLE PRINZ bereits jetzt in der Historie herausragender BATMAN-Geschichten inne hat.

Horst Illmer

Enrico Marini (Text und Bilder)
BATMAN: DER DUNKLE PRINZ.
Übersetzung: Monja Reichert
Vorwort: Christian Endres
Interview: Alexander Bubenheimer
(Batman: The Dark Prince Charming / 2017/18)
Stuttgart, Panini, 2019, 152 S.
Hardcover mit Folieneinband
ISBN 978-3-7416-1122-3 / 39,00 Euro

Als in den Jahren 2017 und 2018 in den USA die zweiteilige Grafic Novel BATMAN: THE DARK PRINCE CHARMING von Enrico Marini veröffentlicht wurde, war schnell klar, dass hier ein großer europäischer Künstler frischen Wind in den etwas angestaubten amerikanischen Comic-Markt brachte.

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Der Kanon mechanischer Seelen

von am 30. September 2019 2 Kommentare

Michael Marrak
DER KANON MECHANISCHER SEELEN. Roman.
Illustriert vom Autor
Traunstein, Amrun, 2017, 750 Seiten
ISBN 978-3-95869-257-2

Bereits im Jahr 2017 ist DER KANON MECHANISCHER SEELEN von Michael Marrak erschienen. Dieser über 700 Seiten starke Roman fand zwar seinen Weg in die Sammlung, nicht aber aufs Lesepult. Bis – ja, bis mir ein lieber Mensch das dazugehörige, ungekürzte Hörbuch ausgeliehen hat.
Schon nach den ersten Minuten war mir klar, dass ich hier ein echtes Juwel übersehen hatte. Das Schöne an Büchern ist aber, dass sie das nicht übel nehmen und trotzdem sofort willig zur Verfügung stehen, wenn man sie dann doch lesen mag – jedenfalls die Bücher in meinen Regalen.
Bei den Büchern in Marraks KANON sieht das schon ganz anders aus. Je nachdem, welcher „Wandler“ sie „beseelt“ hat, bzw. welches Schicksal ihnen widerfahren ist, können die Dinger ganz schön ungemütlich werden. Der Autor, der in seinem Buch auch als Illustrator hervorgetreten ist, hat fast ein Vierteljahrhundert an diesem Opus Magnum geschrieben. Einzelne Ideen fanden ihren Ausdruck in Novellen oder Kurzgeschichten, die zwischenzeitlich in Magazinen veröffentlicht wurden und den Lesern den Mund wässrig machten. (Eine dieser „Keimzellen“ des Romans, steht auf TOR-online.de zur kostenlosen Lektüre bereit.)
Es war jedoch die, leider nur bei Audible erhältliche, von Hörbuch Hamburg produzierte und von Stefan Kaminski gelesene (ach was: gelesen, das ist mit absoluter Sprachartistik vorgetragene Rezitationskunst!) Hörbuchfassung, die mir 21 Stunden lang das allerhöchste Vergnügen bereitete. Kaminski, der ausgezeichnet z. B. Frank Schätzings DER SCHWARM oder die Romane von Patrick Rothfuss und Kevin Hearne eingelesen hat, übertrifft sich hier einfach selbst. (Gleich mehrfach fühlte ich mich an die bisher unerreichten Lesungen der Moers’schen ZAMONIEN Bücher durch Dirk Bach erinnert.)
Eine sich anschließende Lektüre des Buches vertiefte den Genuss noch, da Marrak auch ein überaus enges Verhältnis zu Zitaten und Wortspielen hat, die beim genauen Lesen noch weitere Verständnisebenen aufschließen.
Völlig zu Recht hat Marrak mit DER KANON MECHANISCHER SEELEN im Jahr 2018 den SERAPH und den Kurd Laßwitz Preis für den besten Roman gewonnen.
Und 2019 meine uneingeschränkte Hochachtung.

Horst Illmer

Michael Marrak
DER KANON MECHANISCHER SEELEN. Roman.
Illustriert vom Autor
Traunstein, Amrun, 2017, 750 Seiten
ISBN 978-3-95869-257-2

Bereits im Jahr 2017 ist DER KANON MECHANISCHER SEELEN von Michael Marrak erschienen. Dieser über 700 Seiten starke Roman fand zwar seinen Weg in die Sammlung, nicht aber aufs Lesepult. Bis – ja, bis mir ein lieber Mensch das dazugehörige, ungekürzte Hörbuch ausgeliehen hat.
Schon nach den ersten Minuten war mir klar, dass ich hier ein echtes Juwel übersehen hatte.

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George Orwell

von am 23. September 2019 Kommentare deaktiviert für George Orwell

Pierre Christin (Text) und Sébastien Verdier (Bilder)
GEORGE ORWELL.
Mit Gastbeiträgen von André Juillard, Olivier Balez, Manu Larcenet, Blutch, Juanjo Guarnido und Enki Bilal.
(Orwell / 2019)
Aus dem Französischen von Anja Kootz
München, Knesebeck, 2019, 160 Seiten
ISBN 978-3-95728-154-8

Über George Orwell und seine Bücher ist schon sehr vieles geschrieben worden, das meiste jedoch vor langer Zeit und zumeist in staubtrockenen akademischen Abhandlungen. Da tut es gut, dass jetzt – zum Doppeljubiläum des siebzigsten Jahrestags der Erstveröffentlichung von NINETEEN EIGHTY-FOUR (1949) und des Todestags im Januar 1950 – ein paar aktuellere und innovativere Werke erscheinen, die sich mit dem Leben und Werk dieses außergewöhnlichen Mannes beschäftigen.
Das größte Vergnügen bereitet dabei bisher die monumentale Comic-Biografie GEORGE ORWELL von Pierre Christin (Text) und Sébastien Verdier (Bilder) die soeben bei Knesebeck veröffentlicht wurde.
Die beiden Franzosen erzählen in ausdrucksstarken Bildern (und unterstützt von Kollegen wie Bilal oder Juanjo Guarnido) das Leben des Engländers Eric Blair auf seinem Weg zum weltberühmten Autor George Orwell. Die überwiegend in schwarzweiß gehaltenen Bilder werden an mehreren Stellen durch Farbseiten unterbrochen, auf denen die sechs Gast-Illustratoren Orwells wichtigste Bücher vorstellen. Aber auch Verdier lässt es sich nicht nehmen, ein paar kleine aber bedeutungsvolle Farbspritzer hinzu zu fügen.
Eine sehr empfehlenswerte Bild-Biografie.

Horst Illmer

Pierre Christin (Text) und Sébastien Verdier (Bilder)
GEORGE ORWELL.
Mit Gastbeiträgen von André Juillard, Olivier Balez, Manu Larcenet, Blutch, Juanjo Guarnido und Enki Bilal.
(Orwell / 2019)
Aus dem Französischen von Anja Kootz
München, Knesebeck, 2019, 160 Seiten
ISBN 978-3-95728-154-8

Über George Orwell und seine Bücher ist schon sehr vieles geschrieben worden, das meiste jedoch vor langer Zeit und zumeist in staubtrockenen akademischen Abhandlungen. Da tut es gut, dass jetzt – zum Doppeljubiläum des siebzigsten Jahrestags der Erstveröffentlichung von NINETEEN EIGHTY-FOUR (1949) und des Todestags im Januar 1950 – ein paar aktuellere und innovativere Werke erscheinen,

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Tagebuch eines Buchhändlers

von am 20. August 2019 Kommentare deaktiviert für Tagebuch eines Buchhändlers

Shaun Bythell
TAGEBUCH EINES BUCHHÄNDLERS. Roman.
Übersetzt von Mechthild Barth
(THE DIARY OF A BOOKSELLER / 2017)
München, btb, 2019, 448 S.
ISBN 978-3-442-71865-8 / 11,00 Euro

Irgendwann Anfang 2014 beschloss der schottische Antiquar Shaun Bythell seine Erlebnisse mit Mitarbeitern, Kunden und der restlichen Menschheit in Form eines Tagebuchs zu notieren. Das überaus lesenswerte Ergebnis dieser Notate kann ab sofort in Form eines preiswerten Taschenbuchs mit dem Titel TAGEBUCH EINES BUCHHÄNDLERS käuflich erworben werden.

Allerdings darf man dieses Taschenbuch nicht bei einem Online-Händler kaufen, da einem sonst sofort die Ohren abfallen, man dauerhaft grün im Gesicht wird und Hausverbot auf dem örtlichen Friedhof bekommt – oder ähnlich grausamen Strafen unterliegt.

Dieses Buch MUSS man (und frau auch) unbedingt direkt in der nächstgelegen örtlichen Buchhandlung bestellen – und das auch noch besonders laut und auffällig, damit alle anderen anwesenden Kunden mitbekommen, dass es das TAGEBUCH EINES BUCHHÄNDLERS gibt! (Sollte man durch einen dummen Zufall gerade der einzige Kunde im Laden sein, so bestelle man ein anderes Buch und vollführe die vorhergenannte Aktion zu einem geeigneteren Zeitpunkt, zum Beispiel, wenn man sein bestelltes Buch abholt.)

Zudem ist es angebracht, sich nach erfolgter Lektüre des TAGEBUCHS EINES BUCHHÄNDLERS erneut in seine örtliche Lieblingsbuchhandlung zu begeben, mit dem anwesenden Personal darüber zu diskutieren, welche Ähnlichkeiten man entdeckt hat, und das Buch jedem zufällig vorbeikommenden Kunden mit lobenden Worten zu zeigen und zu empfehlen.

Wer sich jetzt fragt, worum es in diesem Buch wohl geht, warum der Rezensent nichts über Inhalt, Sprache oder Stil vermeldet, ja, warum er oder sie sich denn nun eigentlich der „Mühe“ unterziehen und das TAGEBUCH EINES BUCHHÄNDLERS in der oben beschriebenen Form erwerben und lesen soll, darf an dieser Stelle aufhören zu lesen und kann dann bitte sofort diesen Planeten verlassen.

Allen anderen sei versichert: So viel Spaß hattet ihr lange nicht mehr!

Horst Illmer

Shaun Bythell
TAGEBUCH EINES BUCHHÄNDLERS. Roman.
Übersetzt von Mechthild Barth
(THE DIARY OF A BOOKSELLER / 2017)
München, btb, 2019, 448 S.
ISBN 978-3-442-71865-8 / 11,00 Euro

Irgendwann Anfang 2014 beschloss der schottische Antiquar Shaun Bythell seine Erlebnisse mit Mitarbeitern, Kunden und der restlichen Menschheit in Form eines Tagebuchs zu notieren. Das überaus lesenswerte Ergebnis dieser Notate kann ab sofort in Form eines preiswerten Taschenbuchs mit dem Titel TAGEBUCH EINES BUCHHÄNDLERS käuflich erworben werden.

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Das Reich kommt

von am 29. Juli 2019 Kommentare deaktiviert für Das Reich kommt

J. G. Ballard
DAS REICH KOMMT. Roman.
Übersetzt von Eike Schönfeld
(KINGDOME COME / 2006)
Zürich, Diaphanes, 2019, 370 Seiten
ISBN 978-3-0358-0136-1

Die Romane des 2009 verstorbenen englischen Schriftstellers James Graham Ballard waren ja von Beginn an (1961 erschien seine erste Umwelt-Apokalypse THE WIND FROM NOWHERE) nicht gerade für ihren sprühenden Humor bekannt, aber die gegen Ende seines Lebens verfassten Werke zeigen eine mehr als nur düstere und trostlose Weltsicht. Dabei entfernte sich Ballard immer mehr von seinen früheren Zukunftsentwürfen und schrieb immer detaillierter über Dinge, die er in seinem Umfeld täglich erlebte. Allerdings überzeichnete er dabei so sehr, dass sich ein surreales, ja utopisch-dystopisches Bild ergab, wodurch die Geschehnisse für die Leser dann doch irgendwie „erträglicher“ wurden.
Als Ballard-Fan weiß man also (oder ahnt es zumindest), was einen in DAS REICH KOMMT, dem letzten, 2006 in England unter dem Titel KINGDOME COME veröffentlichten Roman erwartet. In seiner unnachahmlichen Art und auf literarisch höchstem Niveau erzählt Ballard von einem gigantischen Einkaufszentrum, das sich zur Brutstätte einer abergläubisch-rassistischen Weltanschauung entwickelt, der sich immer mehr Menschen anschließen – und deren Existenz von „offizieller Seite“ so lange verleugnet wird, bis die daraus resultierenden terroristischen Aktionen nicht mehr zu übersehen sind.
Seit einigen Jahren ist der Schweizer Diaphanes Verlag bemüht, das Werk Ballards nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Nach einigen Neuauflagen erscheinen dort jetzt auch deutsche Erstausgaben wie der vorliegende Band, der von Eike Schönfeld großartig ins Deutsche übertragen wurde.
DAS REICH KOMMT, dessen Titel eine Anspielung auf das christliche „Vater-unser“ birgt, ist, bei aller Düsternis, ein faszinierend zu lesendes Porträt unserer konsumgläubigen, nur oberflächlich informierten und blauäugig wegsehenden westlichen Gesellschaft, das auch ein Dutzend Jahre nach seiner Niederschrift so lebendig und aktuell daherkommt, dass man sich fragt, ob es nicht doch ein richtiger Zukunftsroman war – oder ob die Zeit „ballardesk“ einfach stehen geblieben ist.

Horst Illmer

J. G. Ballard
DAS REICH KOMMT. Roman.
Übersetzt von Eike Schönfeld
(KINGDOME COME / 2006)
Zürich, Diaphanes, 2019, 370 Seiten
ISBN 978-3-0358-0136-1

Die Romane des 2009 verstorbenen englischen Schriftstellers James Graham Ballard waren ja von Beginn an (1961 erschien seine erste Umwelt-Apokalypse THE WIND FROM NOWHERE) nicht gerade für ihren sprühenden Humor bekannt, aber die gegen Ende seines Lebens verfassten Werke zeigen eine mehr als nur düstere und trostlose Weltsicht. Dabei entfernte sich Ballard immer mehr von seinen früheren Zukunftsentwürfen und schrieb immer detaillierter über Dinge,

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Die Erscheinung von Camford

von am 25. Juli 2019 Kommentare deaktiviert für Die Erscheinung von Camford

H. G. Wells
DIE ERSCHEINUNG VON CAMFORD.
Übersetzt von Joachim Körber, Illustriert von Alexandra F.
Nachwort von Horst Illmer
(THE CAMFORD VISITATION / 1937)
Bellheim, Edition Phantasia, 2019, 121 Seiten
Pappband im Schuber
ISBN 978-3-947122-02-8

Dass der 1866 geborene H. G. Wells auch in seinen späten Jahren noch in der Lage war, sehr unterhaltsame Science Fiction zu produzieren, belegt der soeben in der Edition Phantasia erschienene Kurzroman DIE ERSCHEINUNG VON CAMFORD, der im Original unter dem Titel THE CAMFORD VISITATION erstmals 1937 veröffentlicht wurde.
Eines schönen Morgens ertönt im Frühstücksraum des Holy Innocents College an der englischen Eliteuniversität Camford die „stählerne“, ganz und gar nicht-menschliche Stimme eines Unsichtbaren, der den anwesenden Professoren allerlei Vorhaltungen über ihre Dummheit macht. Der Sprecher gibt sich im weiteren Verlauf des Buches als ein überdimensionales Wesen zu erkennen, das seit vielen Jahrmillionen das Universum durchstreift und dabei auf die Menschheit gestoßen ist und an ihr Gefallen gefunden hat. Da ihn die Entwicklung beunruhigt, welche die menschliche Gesellschaft in den letzten Jahren genommen hat, versucht er, an der Spitze der Intelligenz-Pyramide ansetzend, herauszufinden, wieso es mit der Bildung, dem allgemeinen Wissensstand und der Informationsvermittlung auf der Erde so schlecht steht. Trotz seiner klugen Fragen und seinem stetigen Insistieren auf diesem Problem, beschäftigt es die Menschen jedoch viel mehr, woher die Stimme kommt, als was sie sagt.
Die satirische Erzählung hat bis heute nichts von ihrer Frische und Schärfe verloren und ist eine echte Entdeckung, für die man dem Herausgeber und Übersetzer Joachim Körber nur dankbar sein kann. Der auf 250 Exemplare limitierte Pappband steckt in einem grauen Samtschuber. Der Text wurde von Alexandra F. illustriert und mein Nachwort bietet Anmerkungen und weiterführende Informationen.

Horst Illmer

H. G. Wells
DIE ERSCHEINUNG VON CAMFORD.
Übersetzt von Joachim Körber, Illustriert von Alexandra F.
Nachwort von Horst Illmer
(THE CAMFORD VISITATION / 1937)
Bellheim, Edition Phantasia, 2019, 121 Seiten
Pappband im Schuber
ISBN 978-3-947122-02-8

Dass der 1866 geborene H. G. Wells auch in seinen späten Jahren noch in der Lage war, sehr unterhaltsame Science Fiction zu produzieren, belegt der soeben in der Edition Phantasia erschienene Kurzroman DIE ERSCHEINUNG VON CAMFORD,

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phantastisch! neues aus anderen welten

von am 22. Juli 2019 Kommentare deaktiviert für phantastisch! neues aus anderen welten

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch! neues aus anderen welten.
Heft 75 / Ausgabe 3/2018 / 19. Jahrgang
Stolberg, Atlantis Verlag, Juli 2019, 88 Seiten
ISSN 1616-8437 / 5,95 Euro

Eigentlich kann man ja jedes phantastisch!-Heft empfehlen, aber die jetzt erschienene Ausgabe vom Juli 2019 ist doch nochmal etwas Besonderes: Das Heft 75 ist für den Atlantis Verlag und den Herausgeber Klaus Bollhöfener ein guter Grund um allen Leserinnen und Lesern einmal zu zeigen, was in diesem Magazin so alles an Spaß, Liebe und Arbeit drinsteckt.
Das Offensichtlichste ist das umlaufende Cover von Michael Vogt, das es mitten im Heft nochmal als Poster gibt (ohne „störende“ Beschriftung). Außerdem wurde der Umfang auf stolze 88 Seiten erhöht (ohne Mehrpreis!). Und auf Seite 4 werden alle ständigen Mitarbeiter und Redakteure im Bild vorgestellt.
Das Wichtigste sind aber natürlich die Artikel, Interviews, Stories, Comics, Cartoons und Buchbesprechungen, die in ihrer Spannweite und Bandbreits die phantastisch! so einzigartig unter den Science-Fiction-Magazinen machen.
Interviewt wurden diesmal der englische Superstar Jasper Fforde, der Jugendbuchautor Karl Olsberg und Tom und Stephan Orgel, die als T. S. Orgel gemeinsam sehr erfolgreich Fantasy und Science Fiction schreiben.
Die Kurzgeschichte „Im Dienst der Legenden“ wurde von Christian Endres exklusiv für die phantastisch! geschrieben und ist eine der stärksten Stories seit Langem.
Neben den gewohnten Standards (update, Buchhandels-Cartoon, Fortsetzungscomic) gibt es noch ein Dutzend Artikel, von denen nur der wunderschön illustrierte Bericht von Achim Schnurrer über das erste Phantastik-Magazin der Welt, Der Orchideengarten, hervorgehoben werden soll, da die Aufzählung sonst jeden Rahmen sprengen würde.
Vertrauen Sie mir – und lesen Sie einfach selbst!

75 Hefte in knapp 20 Jahren, das allein ist im Rahmen der deutschen Science Fiction schon außergewöhnlich. Hoffen wir also, dass wir an dieser Stelle auch noch über die Nummer 100 berichten dürfen!

Horst Illmer

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch! neues aus anderen welten.
Heft 75 / Ausgabe 3/2018 / 19. Jahrgang
Stolberg, Atlantis Verlag, Juli 2019, 88 Seiten
ISSN 1616-8437 / 5,95 Euro

Eigentlich kann man ja jedes phantastisch!-Heft empfehlen, aber die jetzt erschienene Ausgabe vom Juli 2019 ist doch nochmal etwas Besonderes: Das Heft 75 ist für den Atlantis Verlag und den Herausgeber Klaus Bollhöfener ein guter Grund um allen Leserinnen und Lesern einmal zu zeigen, was in diesem Magazin so alles an Spaß,

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Paris 2119

von am 7. Juli 2019 Kommentare deaktiviert für Paris 2119

Zep (Text) & Dominique Bertail (Bilder) & Gaétan Georges (Farben)
PARIS 2119.
Aus dem Französischen von Resel Rebiersch
(OT: PARIS 2119 / 2019)
Hamburg, Schreiber & Leser, 2019, 90 Seiten
ISBN 978-3-946337-89-8, Hardcover, 19,80 Euro

Endlich hatte ich mal wieder Zeit genug, um meinen Stapel mit den „Comics, die ich unbedingt lesen will“ ein wenig „abzuarbeiten“.
Da lag seit einigen Wochen die Graphic Novel PARIS 2119 des Schweizer Szenaristen Zep (Pseudonym des 1967 geborenen Philippe Chappuis), die er gemeinsam mit dem französischen Zeichner Dominique Bertail (* 1972) umgesetzt hat.
Es handelt sich bei PARIS 2119 um eine klassische, geradlinig erzählte, abenteuerliche Science-Fiction-Love-Story, angesiedelt in einem hundert Jahre in die Zukunft weitergedachten Paris, dargestellt mit starken, stimmungsvoll kolorierten Bildern, die Anklänge an Bilal und Schuiten zeigen, ihre Kraft aber auch aus ihrer Nähe zur Ligne Claire ziehen.
Tristan Keys, der etwas altmodisch und romantisch veranlage Held der Geschichte, gehört zu den wenigen Menschen, die das inzwischen zum Standard gewordene (und von der Firma Transcore monopolisierte) Reisen mittels Transmitter ablehnen und lieber auf herkömmliche Weise mit dem Zug oder der U-Bahn von A nach B gelangen (oder gar zu Fuß gehen). Seine Freundin Chloé findet seine Phobie zwar „süß“, nimmt seine Bedenken ansonsten aber nicht ernst. Wie allen modernen Menschen sind ihr Bequemlichkeit und Zeitersparnis wichtiger, zudem wird auf diese Weise die Umwelt vom Individualverkehr entlastet.
Auch Tristan kann keine wirklichen Gründe gegen die Transmitter anführen. Bei einem seiner nächtlichen Spaziergänge findet er dann allerdings heraus, dass sein Unbehagen durchaus berechtigt sein könnte …
PARIS 2119 ist gute Unterhaltungsliteratur, nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Horst Illmer

Zep (Text) & Dominique Bertail (Bilder) & Gaétan Georges (Farben)
PARIS 2119.
Aus dem Französischen von Resel Rebiersch
(OT: PARIS 2119 / 2019)
Hamburg, Schreiber & Leser, 2019, 90 Seiten
ISBN 978-3-946337-89-8, Hardcover, 19,80 Euro

Endlich hatte ich mal wieder Zeit genug, um meinen Stapel mit den „Comics, die ich unbedingt lesen will“ ein wenig „abzuarbeiten“.
Da lag seit einigen Wochen die Graphic Novel PARIS 2119 des Schweizer Szenaristen Zep (Pseudonym des 1967 geborenen Philippe Chappuis),

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NOVA Science-Fiction Ausgabe 27

von am 4. Juli 2019 Kommentare deaktiviert für NOVA Science-Fiction Ausgabe 27

Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA. Science-Fiction. Ausgabe 27
Editorials von Christian Steinbacher & Michael K. Iwoleit
Illustriert von Paul Lehr u.v.a.
Winnert, p. machinery, 2019, 200 Seiten
Kartoniert
ISBN 978-3-95765-152-5 / 18,90 Euro

In diesen Zeiten, in denen das Negative in Politik, Kunst und Kultur (und manchmal auch im Zwischenmenschlichen) allgegenwärtig scheint, ist es mir eine besondere Freude, die neue Ausgabe von NOVA vorzustellen.

Eine sehr positive Grundstimmung prägt den Inhalt und das Erscheinungsbild der 27. Ausgabe des von Michael K. Iwoleit und Michael Haitel herausgegebenen Science-Fiction-Magazins NOVA (p.machinery, 290 Seiten). Die im März 2019 erschienene Themenausgabe will „Neue Wege zur Utopie“ aufzeigen.
Die zehn Stories von Dirk Alt, Marcus Hammerschmitt, Frank W. Haubold, Frank Hebben, Martin Mächler, Frank Neugebauer, Barbara Ostrop, Tobias Reckermann, Thomas Sieber und C. Stuart Hardwick beschreiben zukünftige „Idealgesellschaften mit kleinen Schönheitsfehlern“ und weisen auf den berühmten „Hoffnungsschimmer im Hoffnungslosen“ hin. Die vielen farbigen und schwarzweißen Illustrationen, u. a. von Stas Rosin, Christian Günther, Susanne Jaja und Paul Lehr, machen aus dieser Ausgabe zudem fast ein „Bilderbuch“.
Auch der 50-seitige Sekundärteil beschäftigt sich mit der Utopie: Andreas Heyer plädiert für eine weitere Verschmelzung von SF und Utopie und Horst Illmer stellt mit DER KAISER VON EUROPA eine fast vergessene gesamteuropäische Friedensutopie aus dem Jahr 1895 vor. Das große Harald Lesch-Interview wird mit dem 2. Teil zu Ende geführt (wer NOVA 26 noch nicht hat, wird spätestens hier die Notwendigkeit erkennen, dieses Versäumnis zu beheben) und Nachrufe auf Harlan Ellison und Achim Mehnert runden den überaus gelungenen Band ab.

Horst Illmer

Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA. Science-Fiction. Ausgabe 27
Editorials von Christian Steinbacher & Michael K. Iwoleit
Illustriert von Paul Lehr u.v.a.
Winnert, p. machinery, 2019, 200 Seiten
Kartoniert
ISBN 978-3-95765-152-5 / 18,90 Euro

In diesen Zeiten, in denen das Negative in Politik, Kunst und Kultur (und manchmal auch im Zwischenmenschlichen) allgegenwärtig scheint, ist es mir eine besondere Freude, die neue Ausgabe von NOVA vorzustellen.

Eine sehr positive Grundstimmung prägt den Inhalt und das Erscheinungsbild der 27.

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Jenseits der Zeit

von am 17. Juni 2019 Kommentare deaktiviert für Jenseits der Zeit

Cixin Liu
JENSEITS DER ZEIT. Roman.
Aus dem Chinesischen von Karin Betz
(Sishen Yongshen / 2010)
München, Heyne, 2019, 990 Seiten
ISBN 978-3-453-31766-6

& Hörbuch:
Komplettlesung von Mark Bremer
Random House Audio, 2019, 3 mp3-CDs, Laufzeit ca. 27 Stunden
ISBN 978-3-8371-4501-4

Wenn man so lange Science-Fiction-Bücher liest wie das bei mir der Fall ist, denkt man manchmal, dass man schon alles kennt, alles schon mal gelesen hat, nichts einen mehr überraschen kann. Glücklicherweise findet sich dann doch immer schnell ein Buch, dass diese Vorstellung widerlegt. Die größte und erfreulichste Überraschung der letzten Jahre bereitete mir der chinesische Autor Cixin Liu mit seiner auch in den USA überaus erfolgreichen Trilogie um die Bewohner des Planeten Trisolaris.
Im Januar 2017 stellte ich hier den ersten Band vor, gefolgt von der Besprechung des zweiten Teils im Mai 2018. Nun ist es endlich soweit:
Mit JENSEITS DER ZEIT erschien der heiß erwartete Abschlussband der ins Epische gewachsenen TRISOLARIS-Zukunftshistorie!
Wieder einmal verläuft darin die Handlung in ganz anderen Bahnen als ein von westlicher Science Fiction geprägter Leser erwartet. Die chinesische Erzählweise hat andere Traditionen und Konventionen und so ist das Gefühl der „Fremdheit“ diesmal nicht nur der Kultur der Außerirdischen geschuldet. Liu beginnt nochmal bei den Ereignissen der in DIE DREI SONNEN geschilderten Jetztzeit, macht diverse Zwischenstopps bei Geschehnissen, die in DER DUNKLE WALD wichtig waren, und führt die Handlung dann in die Zeit des erwarteten Eintreffens der Flotte der Trisolarier – und schließlich weit darüber hinaus.
Bei den Figuren begegnen uns einige alte Bekannte, wie der Wandschauer Luo Ji, doch dann übernimmt eine neue Generation den Staffelstab und bringt das Rennen um den berühmten „Platz an der Sonne“ zu Ende.
Mit fast 1000 Seiten ist JENSEITS DER ZEIT ein würdiger Abschluss einer der außergewöhnlichsten Zukunftsgeschichten der letzten zehn Jahre.
Der Roman wurde von Karin Betz aus dem Chinesischen übersetzt und hat ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel, einen umfangreichen Anhang mit Hinweisen zur Aussprache der chinesischen Namen und Begriffe und einen sehr hilfreichen Einzelstellenkommentar.

Zeitgleich erschien, eingelesen vom bewährten Schauspieler und Sprecher Mark Bremer, die unbedingt hörenswerte ungekürzte Hörbuchfassung bei Random House Audio.

Horst Illmer

Cixin Liu
JENSEITS DER ZEIT. Roman.
Aus dem Chinesischen von Karin Betz
(Sishen Yongshen / 2010)
München, Heyne, 2019, 990 Seiten
ISBN 978-3-453-31766-6

& Hörbuch:
Komplettlesung von Mark Bremer
Random House Audio, 2019, 3 mp3-CDs, Laufzeit ca. 27 Stunden
ISBN 978-3-8371-4501-4

Wenn man so lange Science-Fiction-Bücher liest wie das bei mir der Fall ist, denkt man manchmal, dass man schon alles kennt, alles schon mal gelesen hat,

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Local Heroes Reloaded

von am 7. Juni 2019 1 Kommentar

Lobgesang auf Horst*

Ja, ich habe bereits einmal einen Beitrag zu Horst Illmer geschrieben. In der Kategorie Local Heroes. Da gehört er nämlich hin, auch wenn sein Wirken durchaus überregionaler Natur ist, wie bei vielen "unserer" Local Heroes.

Warum also jetzt ein weiterer Beitrag? Nur zum auffrischen? Aus aktuellem Anlass?

Eigentlich nichts davon. Es ist einfach so, dass wir uns bei Horst bedanken wollen. Er ist nicht nur der Local Hero, den wir bereits vorgestellt haben, sondern er ist mit seinen mitlerweile über hundert Rezis zu einem festen Bestandteil unserer Seite geworden. Unter Horsts Bibliothek finden Phantastik Begeisterte Anregungen, Tipps und fundiertes Wissen. Er preißt uns Pflichtlektüren an, entdeckt Exoten und weist auf Schmankerln hin, die uns auch mal durch die Lappen gegangen wären.

Wer gerne mehr von seinem profunden Wissen profitieren möchte, dem lege ich einmal mehr an dieser Stelle das Magazin Phantastisch! nahe. Phantastisch! ist Pflichtlektüre für alle, die sich für phantastische Literatur interessieren. Informative und spannende Artikel. Interviews, Bücher, Autoren, Rezensionen, Comics, Filme… Dabei schreiben kompetente Mitarbeiter wie Sonja Stöhr, Carsten Kuhr, Christian Endres, Achim Schnurrer und viele andere. Natürlich auch Horst Illmer. DAS Genremagazin. Schnuppert einfach mal im Laden rein, oder schließt gleich ein Abo bei uns ab. Dann bekommt ihr jede Nummer bei Erscheinen weggelegt.

*  Hommage an "Lobgesang auf Leibowitz" in der Ausgabe Heyne Meisterwerke der SF ISBN: 9783453164192

Ja, ich habe bereits einmal einen Beitrag zu Horst Illmer geschrieben. In der Kategorie Local Heroes. Da gehört er nämlich hin, auch wenn sein Wirken durchaus überregionaler Natur ist, wie bei vielen "unserer" Local Heroes.

Warum also jetzt ein weiterer Beitrag? Nur zum auffrischen? Aus aktuellem Anlass?

Eigentlich nichts davon. Es ist einfach so, dass wir uns bei Horst bedanken wollen. Er ist nicht nur der Local Hero, den wir bereits vorgestellt haben,

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Maschinen wie ich und Menschen wie ihr

von am 28. Mai 2019 Kommentare deaktiviert für Maschinen wie ich und Menschen wie ihr

Ian McEwan
MASCHINEN WIE ICH UND MENSCHEN WIE IHR. Roman.
Übersetzt von Bernhard Robben
(MACHINES LIKE ME (AND PEOPLE LIKE YOU) / 2019)
Zürich, Diogenes, 2019, 407 S.
Leinen mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-257-07068-2 / 25,00 Euro

Es wäre ja zu schön, wenn sich die Profis einmal (einmal nur!) auch professionell verhalten würden. Aber dafür müsste ich wohl in ein sehr alternatives Universum wechseln.
Grund für das Gejammer ist der Umgang der hochbezahlten Literaturkritik des deutschsprachigen Feuilletons mit dem neuesten Roman des englischen Schriftstellers Ian McEwan, der als immerhin so wichtig angesehen wird, dass er fast zeitgleich mit seinem Erscheinen allüberall an prominenter Stelle ausführlich „besprochen“ wird. Trotz aller Ausführlichkeit war kein einziger Rezensent in der Lage den korrekten Titel des Buches zu nennen, der da lautet MASCHINEN WIE ICH UND MENSCHEN WIE IHR jedoch durchgängig auf die ersten drei Worte reduziert wurde. Dass es selbst der Verlag nicht besser macht (und auf seiner Homepage auch noch einen falschen Preis nennt) ist auch kein Trost.
Als Leser braucht man sich um solche Kleinigkeiten ja nicht zu bekümmern, da kann man einfach zugreifen und sich von einem der stilsichersten und sprachmächtigsten Autoren der Gegenwart in eine kontrafaktische Alternativgeschichte entführen lassen, in der ein als Kriegsheld gefeierter Alan Turing praktisch im Alleingang für ein weit früher einsetzendes Computerzeitalter gesorgt hat, sodass im Jahr 1982 neben dem Internet und Handys bereits ein mit künstlicher Intelligenz ausgestattetes Modell eines Androiden existiert. Wie sich im Verlauf der Handlung zeigt, ist jedoch auch in dieser Welt der Mensch vor allem Mensch.
Weshalb man auch den Titel, ganz so wie vom Autor hingeschrieben und von Bernhard Robben wortgetreu übersetzt, MACHINES LIKE ME (AND PEOPLE LIKE YOU) in Gänze als MASCHINEN WIE ICH UND MENSCHEN WIE IHR mitdenken und zitieren sollte.
Ein Buch, an dem in diesem Frühjahr kein Weg vorbeiführt.

Horst Illmer

Ian McEwan
MASCHINEN WIE ICH UND MENSCHEN WIE IHR. Roman.
Übersetzt von Bernhard Robben
(MACHINES LIKE ME (AND PEOPLE LIKE YOU) / 2019)
Zürich, Diogenes, 2019, 407 S.
Leinen mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-257-07068-2 / 25,00 Euro

Es wäre ja zu schön, wenn sich die Profis einmal (einmal nur!) auch professionell verhalten würden. Aber dafür müsste ich wohl in ein sehr alternatives Universum wechseln.
Grund für das Gejammer ist der Umgang der hochbezahlten Literaturkritik des deutschsprachigen Feuilletons mit dem neuesten Roman des englischen Schriftstellers Ian McEwan,

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Die letzten Tage von Neu-Paris

von am 16. Mai 2019 Kommentare deaktiviert für Die letzten Tage von Neu-Paris

China Miéville
DIE LETZTEN TAGE VON NEU-PARIS. Roman.
Übersetzt von Andreas Fliedner
(THE LAST DAYS OF NEW PARIS / 2016)
München Berlin, Golkonda, 2019, 250 Seiten
ISBN 978-3-946503-86-6

Irgendwie hat man manchmal das Gefühl, dass einige unsere Lieblingsautoren in letzter Zeit einfach nichts mehr veröffentlichen. Sind das die gruseligen Vorzeichen einer galaxisweiten Schreibblockade?
Aber nein. Das ist wohl vor allem der eigenen Ungeduld geschuldet.
Nachdem gerade erst der gute Walter Moers (s)einen BÜCHERDRACHEN losgeschickt hat, liegt jetzt mit DIE LETZTEN TAGE VON NEU-PARIS auch ein aktueller Roman von China Miéville in den Regalen.
Thema des Buches sind die französischen Surrealisten um André Breton, die sich im Jahr 1941, anders als es uns die konventionelle Geschichtsschreibung überliefert hat, mit den nur ihnen eigenen Mitteln gegen die deutschen Besatzer zur Wehr setzen.
Diese alternative Zeitlinie, in der sich Nazis und Résistance einen endlosen Kampf um die französische Hauptstadt Neu-Paris liefern, bildet den Kern der Erzählung, die dabei zwischen 1950 und 1941 hin und her pendelt, jede Menge Haupt- und Nebenwerke des Surrealismus zum Leben erwachen lässt, eine romantische Liebesgeschichte nicht verschmäht und über den Romantext hinaus in das Nachwort und die Anmerkungen des Autors hineinwuchert.
Nachdem sich China Miéville in den letzten Jahren teilweise sehr weit von seinen Anfängen als Schriftsteller entfernt hatte, kehrt er, zumindest was die „Stimmung“ angeht, in diesem Werk „zu den Wurzeln“ zurück. Der Weg von der PERDITO STREET STATION in Bas-Lag zum fundamentlos schwebenden Eiffelturm in Neu-Paris ist recht kurz.
Alle Hochachtung für den Übersetzer Andreas Fliedner, der seine Sache recht gut macht: da war bestimmt ein kleines Kunststudium nötig. (Und für Walter Moers-Fans streut Miéville auch noch eigene kleine Zeichnungen in den Text ein.)
Insgesamt steckt deutlich mehr in diesem schmalen Büchlein als es auf den ersten Blick scheint.

Horst Illmer

China Miéville
DIE LETZTEN TAGE VON NEU-PARIS. Roman.
Übersetzt von Andreas Fliedner
(THE LAST DAYS OF NEW PARIS / 2016)
München Berlin, Golkonda, 2019, 250 Seiten
ISBN 978-3-946503-86-6

Irgendwie hat man manchmal das Gefühl, dass einige unsere Lieblingsautoren in letzter Zeit einfach nichts mehr veröffentlichen. Sind das die gruseligen Vorzeichen einer galaxisweiten Schreibblockade?
Aber nein. Das ist wohl vor allem der eigenen Ungeduld geschuldet.
Nachdem gerade erst der gute Walter Moers (s)einen BÜCHERDRACHEN losgeschickt hat,

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Jenseits von Raum und Zeit

von am 23. April 2019 Kommentare deaktiviert für Jenseits von Raum und Zeit

H. J. Balmes, J. Bong, A. Roesler & O. Vogel (Hrsg.)
Hannes Riffel (Mitherausgeber dieser Ausgabe)
NEUE RUNDSCHAU. 130. Jahrgang 2019, Heft 1
JENSEITS VON RAUM UND ZEIT. Phantastische Literatur im 21. Jahrhundert.
Frankfurt/M., S. Fischer, 2019, 308 Seiten
ISBN 978-3-10-809117-0 / 17,00 Euro

Natürlich hat (Gast-)Herausgeber Hannes Riffel recht, der in seinem (Gast-)Editorial in der Neuen Rundschau darüber sinniert, dass es vermutlich mehr (also doch einige) Leser der Neuen Rundschau gibt, die mit dem Begriff „Phantastik“ etwas anfangen können, als Phantastik-Leser, die wissen, dass es die Neue Rundschau gibt (nahezu Null).
Um nun beiden Gruppen eine gemeinsame Lektüre zu ermöglichen, hat der S. Fischer Verlag, in dem die Literaturzeitschrift Neue Rundschau seit 130 Jahren erscheint, aus ihrem Heft 1/2019 eine Themenausgabe gemacht, die sich unter dem (altehrwürdigen) Titel JENSEITS VON RAUM UND ZEIT mit der „phantastischen Literatur im 21. Jahrhundert“ beschäftigt. Auf fast 300 Seiten bekommt die Leserschaft in 18 Beiträgen die größtmögliche Qualität an Primär- und Sekundärliteratur geboten, die sich auf so beschränktem Raum unterbringen lässt: Kurzgeschichten von Andreas Eschbach, Mary Robinette Kowal, Seth Dickinson und H. P. Lovecraft; Essays von Dietmar Dath, Karen Nölle, Anja Kümmel und Ursula K. Le Guin; Übersichtsartikel zum „Worldbuilding“ und zur Genregeschichte von Lars Schmeink, Franz Rottensteiner, Erik Simon, Christian Endres, Karlheinz Steinmüller, Bernhard Hennen, nochmals Andreas Eschbach und Helmut W. Pesch.
Wie immer in solchen Fällen handelt es sich um eine „Momentaufnahme“ – aber das vermittelte Bild ist äußerst bunt und von exzellenter Tiefenschärfe.
Ein (Erkenntnis-)Gewinn für alle, die bereit sind, sich dem Herausgeber und seinen AutorInnen anzuvertrauen und die vielfältigen Seiten der Phantastik zu entdecken.

Horst Illmer

H. J. Balmes, J. Bong, A. Roesler & O. Vogel (Hrsg.)
Hannes Riffel (Mitherausgeber dieser Ausgabe)
NEUE RUNDSCHAU. 130. Jahrgang 2019, Heft 1
JENSEITS VON RAUM UND ZEIT. Phantastische Literatur im 21. Jahrhundert.
Frankfurt/M., S. Fischer, 2019, 308 Seiten
ISBN 978-3-10-809117-0 / 17,00 Euro

Natürlich hat (Gast-)Herausgeber Hannes Riffel recht, der in seinem (Gast-)Editorial in der Neuen Rundschau darüber sinniert, dass es vermutlich mehr (also doch einige) Leser der Neuen Rundschau gibt, die mit dem Begriff „Phantastik“ etwas anfangen können,

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Hologrammatica

von am 4. März 2019 Kommentare deaktiviert für Hologrammatica

Tom Hillenbrand
HOLOGRAMMATICA. Thriller
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2018, 560 Seiten
ISBN 978-3-462-05149-0

Hörbuch:
Ungekürzte Komplettlesung
Gelesen von Oliver Siebeck
Lübbe Audio, 2018, 3 MP3 CDs, Laufzeit 16 Std. 33 Min.
ISBN 978-3-7857-5697-3

Er hat es wieder getan!
Vier Jahre nach DROHNENLAND, seinem erfolgreichen und mit Preisen überhäuften ersten Ausflug in die Zukunft, legt Tom Hillenbrand mit HOLOGRAMMATICA erneut einen als „Thriller“ getarnten Science-Fiction-Roman vor. Und der ist sogar noch besser geworden als sein Vorgänger. Man merkt dem Buch an, dass Hillenbrand sich in diesem Gerne inzwischen „heimisch“ fühlt.

Der Plot spielt Ende des 21. Jahrhunderts in einer Zivilisation, die sich zwar offiziell noch in Nationen und Staatenverbände unterteilt, in Wirklichkeit jedoch von multinationalen Konzernen beherrscht und (mehr schlecht als recht) von UNO-Organisationen beschützt wird.
Das Internet hat sich zu einem praktisch die ganze Welt umspannenden „Holonet“ weiterentwickelt, mit dem das, was die Menschen sehen, nach ihren Wünschen angepasst wird. Egal ob Werbung, Wohnungseinrichtung, Kleidung oder das eigene Aussehen – mittels allgegenwärtiger Holo-Projektoren sind alle Straßen sauber, alle Häuser und Wohnungen schön und alle Menschen entsprechen ihrem Idealbild.
Ebenfalls große Fortschritte gab es im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und der Gehirnforschung, was dazu geführt hat, dass man sich (ab einem bestimmten Einkommen oder Vermögen) einen Chip ins Hirn setzen lassen kann, auf dem das Programm der eigenen Persönlichkeit läuft, das man dadurch aber auch jederzeit in den Körper eines Klons übertragen kann. Einziges Hindernis, welches die dadurch theoretisch mögliche Unsterblichkeit für diese, „Quants“ genannten, optimierten Menschen verhindert, ist das „Ein-Körper-Problem“: Nach 21 Tagen muss der „Geist“ wieder in seinen „Stammkörper“ zurück, sonst kommt es zum „Brain-Crash“.
Der in London beheimatete Quästor (hübscher Neologismus für Privatdetektiv) Galahad Singh erhält den Auftrag, die verschwundene Computerexpertin und Entwicklerin von Verschlüsselungstechnik Juliette Perrotte zu suchen, die vermutlich entführt wurde. Allerdings drängt die Zeit, denn Juliette ist ein Quant – und womöglich haben die Entführer nur ihren Körper …
Was wie ein ganz normaler Auftrag beginnt, entwickelt sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Spektakel mit weltumfassender Bedeutung, in dem nichts ist wie es scheint, Singh Gefahren zu bewältigen hat, die es eigentlich gar nicht geben dürfte und selbst die Naturgesetze aufgehoben scheinen.

Hillenbrand zündet ein Ideenfeuerwerk der Sonderklasse, er gestaltet einen mit überschäumender Erzähllust ausgebreiteten Geschichtenteppich, dessen sich immer weiter verzweigende Handlungsfäden von seinen überragenden Fähigkeiten als Erzähler zusammengehalten werden und am Ende das dreidimensionale Hologramm einer komplexen Zukunftswelt zeigen, in der bemerkenswerte Charaktere ein Dasein führen, das zu erfassen alle Sinne des Lesers, der Leserin (oder von Hörer und Hörerin) erfordert.

Die von Oliver Siebeck sehr einprägsam gesprochene Komplettlesung erfüllt selbst hochgesteckte Erwartungen und macht das Hörbuch zu einer echten Alternative bzw. einer wundervollen Ergänzung des gedruckten Buches.

Horst Illmer

Tom Hillenbrand
HOLOGRAMMATICA. Thriller
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2018, 560 Seiten
ISBN 978-3-462-05149-0

Hörbuch:
Ungekürzte Komplettlesung
Gelesen von Oliver Siebeck
Lübbe Audio, 2018, 3 MP3 CDs, Laufzeit 16 Std. 33 Min.
ISBN 978-3-7857-5697-3

Er hat es wieder getan!
Vier Jahre nach DROHNENLAND, seinem erfolgreichen und mit Preisen überhäuften ersten Ausflug in die Zukunft, legt Tom Hillenbrand mit HOLOGRAMMATICA erneut einen als „Thriller“ getarnten Science-Fiction-Roman vor. Und der ist sogar noch besser geworden als sein Vorgänger.

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Basement Tales

von am 12. Februar 2019 Kommentare deaktiviert für Basement Tales

The Dandy Is Dead präsentiert
BASEMENT TALES – Vol. 1: BODENSATZ
Saarbrücken, The Dandy Is Dead, 2018, 48 Seiten
ISBN 978-3-947652-01-3

The Dandy Is Dead präsentiert
BASEMENT TALES – Vol. 2: SPERRGEBIET
Saarbrücken, The Dandy Is Dead, 2018, 48 Seiten
ISBN 978-3-947652-04-4

Die „klassische“ Horror-Kurzgeschichte ist tot – und wie sich das für Tote und Horrorgeschichten nun mal gehört, ist sie als „New Weird“-Story zurückgekehrt und führt in den BASEMENT TALES des von Tom Becker in Saarbrücken neugegründeten Verlagshauses The Dandy Is Dead ein recht lebendiges Schattendasein.

Okay, okay: „Der Schönling ist tot“ wäre jetzt auch nicht wirklich ein toller Name für einen Verlag – aber muss es wirklich „The Dandy Is Dead“ sein?
Sei’s drum! Solange man das Zeug, das dort produziert wird, lesen kann und irgendwo bekommt, ist der Name vom „Publishing House“ relativ unwichtig.
„Das Zeug“ ist im vorliegenden Fall das New Weird Magazin Basement Tales und lesbar ist das allemal, was die Verleger/Herausgeber Tom Becker und Germaine Paulus in den bisher erschienenen zwei Heften zusammengetragen haben.

Dass es im deutschsprachigen Raum nicht nur »New Weird«-Fans gibt, sondern auch einige Autoren, die selbst Geschichten schreiben, welche am ehesten in diesem Sub-Genre verortet werden können, zeigt sich schon im ersten Heft der BASEMENT TALES, deren „Vol. 1“ den Titel BODENSATZ trägt und im Oktober 2018 erschienen ist.
Die Reihe fällt deutlich aus dem Rahmen dessen, was man hierzulande bisher als „Heftchen“ kaufen konnte: Die 48 zusammengeklammerten Seiten im Format DIN A5 enthalten vier Kurzgeschichten (hier von Christian von Aster, Axel Jahnke, Heike Schrapper und Germaine Paulus) plus zwei versteckte Kürzest-Geschichten (Aster und Paulus). Als Besonderheit liegen dem Heft vier farbige Poster im Format A3 bei, die jeweils als Titel-Illustration einer Story gedacht sind. Und damit das Konglomerat nicht auseinanderfällt, wird alles in einem durchsichtigen Plastikbeutel ausgeliefert.

Pünktlich zum Jahreswechsel erschien jetzt das zweite Heft der Anthologien-Reihe BASEMENT TALES, gefüllt mit fünf Geschichten (von Christoph Marzi, Isa Theobald, Diana Kinne, Norman Liebold und unserem Lokalmatador Christian Endres), vier Postern (von Michael Holtschulte, Anne Klein, MindyTheGap und Bernd Pegritz) und ein wenig Infomaterial zu den Künstlern. Das Heft steckt wieder in einen verschließbaren Plastikbeutel, der zugleich Transportschäden verhindert, auf das der Lesespaß nicht „geknickt“ beim Leser bzw. Sammler ankommt.

Das alles macht neugierig, mal sehen wie das Publikum auf dieses neue deutsche Weird Tales-Magazin anspringt. Geplant sind derzeit mindestens sechs Ausgaben, die im Abstand von drei Monaten erscheinen sollen.
Heft 3 ist für März 2019 angekündigt.

Horst Illmer

The Dandy Is Dead präsentiert
BASEMENT TALES – Vol. 1: BODENSATZ
Saarbrücken, The Dandy Is Dead, 2018, 48 Seiten
ISBN 978-3-947652-01-3

The Dandy Is Dead präsentiert
BASEMENT TALES – Vol. 2: SPERRGEBIET
Saarbrücken, The Dandy Is Dead, 2018, 48 Seiten
ISBN 978-3-947652-04-4

Die „klassische“ Horror-Kurzgeschichte ist tot – und wie sich das für Tote und Horrorgeschichten nun mal gehört, ist sie als „New Weird“-Story zurückgekehrt und führt in den BASEMENT TALES des von Tom Becker in Saarbrücken neugegründeten Verlagshauses The Dandy Is Dead ein recht lebendiges Schattendasein.

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Die Känguru-Apokryphen

von am 16. Dezember 2018 Kommentare deaktiviert für Die Känguru-Apokryphen

Marc-Uwe Kling
DIE KÄNGURU-APOKRYPHEN.
Mit einem Comic von Astrid Henn
Berlin, Ullstein, 2018, 210 S.
ISBN 978-3-548-29195-6 / 9.00 Euro

Hörbuch:
DIE KÄNGURU-APOKRYPHEN.
Live und ungekürzt gelesen vom Autor
Hamburg, Hörbuch Hamburg, 2018, 4 CDs, ca. 260 Minuten
ISBN 978-3-95713-149-2 / 14,00 Euro

Apokryph meint ja vor allem nicht-kanonisch, also in diesem Fall, nicht zum allseits bekannten und beliebten Kanon der seit 2009 entstandenen KÄNGURU-Trilogie gehörig. Da stellt sich schnell das Bild vom „Schubladen ausräumen“, von „Reste-Essen“ oder sogar von „braucht’s das?“ ein.
Ein wenig Vertrauensvorschuss sollte man Marc-Uwe Kling allerdings gewähren, hat er doch zuletzt mit seinem Roman QUALITYLAND bewiesen, dass seine Fähigkeiten als Erzähler weit über den „Kleinkunst-Standard“ hinausreichen.
So ist auch in dieser vierten Sammlung von Anekdoten aus dem Leben der Protagonisten in einer sehr ungleichen WG bereits nach der Einleitung jedes negative Vorurteil widerlegt und man reiht sich für die restlichen 200 Seiten oder 250 Minuten ein in die Phalanx der vergnügt mitlachenden, mitschmunzelnden, mitstaunenden Leser bzw. Zuhörer.
Wie immer bei Marc-Uwe Kling besteht die größte Herausforderung der KÄNGURU-APOKRYPHEN in der Entscheidung: hören oder lesen.
Meine Empfehlung (wie immer): beides.
Das Hörbuch gibt der schnellen Pointe ihr Recht, im Buch lassen sich die (manchmal etwas versteckten) Feinheiten – wie das „falsch zugeordnete Zitat“ oder das postmoderne Spiel mit den „Klassikern“ von der Antike bis zur Popkultur – leichter finden und verstehen. Außerdem gibt’s den 8-Seiten-Comic naturgemäß nicht beim Hörbuch.)
Der einzige Fehler, den ich entdecken konnte, steckt im Titel. Für mich gehören nämlich DIE KÄNGURU-APOKRYPHEN bereits jetzt schon zum Kanon.

Horst Illmer

Marc-Uwe Kling
DIE KÄNGURU-APOKRYPHEN.
Mit einem Comic von Astrid Henn
Berlin, Ullstein, 2018, 210 S.
ISBN 978-3-548-29195-6 / 9.00 Euro

Hörbuch:
DIE KÄNGURU-APOKRYPHEN.
Live und ungekürzt gelesen vom Autor
Hamburg, Hörbuch Hamburg, 2018, 4 CDs, ca. 260 Minuten
ISBN 978-3-95713-149-2 / 14,00 Euro

Apokryph meint ja vor allem nicht-kanonisch, also in diesem Fall, nicht zum allseits bekannten und beliebten Kanon der seit 2009 entstandenen KÄNGURU-Trilogie gehörig. Da stellt sich schnell das Bild vom „Schubladen ausräumen“,

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Moonshine

von am 13. Dezember 2018 Kommentare deaktiviert für Moonshine

B. Azzarello/E. Risso
Moonshine
Image Comics, 2017, 144 Seiten
ab Januar 2019 auf deutsch bei Cross Cult

Die verehrungswürdigen Köpfe hinter „100 Bullets“ kredenzen uns endlich wieder ein spektakuläres Mehrgängemenü. Zutaten diesmal: Prohibition, Südstaaten samt Rednecks, Mafiosi (incl. mehrere Tonys), FBI, souveräne Damen und ganz klar: Werwölfe & Voodoo! Minderbegabte Künstler würden diese an sich perfekten Voraussetzungen krachend an die nächste Wand fahren. Doch davon ist Moonshine soweit entfernt, wie POTUS45 von Vernunft, Intelligenz und guten Manieren. Es ist packend, blutig, komplex, aber auch mit einem feinen Blick auf Details von Zeit und Gesellschaft.

Von beinahe biblischer Urgewalt und gnadenlos Unterhaltsam.

B. Azzarello/E. Risso
Moonshine
Image Comics, 2017, 144 Seiten
ab Januar 2019 auf deutsch bei Cross Cult

Die verehrungswürdigen Köpfe hinter „100 Bullets“ kredenzen uns endlich wieder ein spektakuläres Mehrgängemenü. Zutaten diesmal: Prohibition, Südstaaten samt Rednecks, Mafiosi (incl. mehrere Tonys), FBI, souveräne Damen und ganz klar: Werwölfe & Voodoo! Minderbegabte Künstler würden diese an sich perfekten Voraussetzungen krachend an die nächste Wand fahren. Doch davon ist Moonshine soweit entfernt, wie POTUS45 von Vernunft,

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Terra

von am 5. Dezember 2018 Kommentare deaktiviert für Terra

T. S. Orgel
TERRA. Roman.
München, Heyne, 2018, 510 S.
ISBN 978-3-453-31967-7 / 14,99 Euro

Sal und Jak sind Geschwister und doch so unterschiedlich wie es Geschwister nur sein können. Während Sal in der Hauptstadt des Mondes als „Space Marshal“ Dienst tut, führt Jak das unstete Leben eines privaten Raumfrachter-Piloten, der auch für nicht ganz so legale Aktionen zu haben ist. Als er auf einer Routine-Mission zwischen Mars und Erde jedoch bemerkt, dass sein ganzer Konvoy dazu benutzt wird, eine tödliche Fracht zu schmuggeln, bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine Schwester um Hilfe zu bitten.
Während Sal in der Mondmetropole versucht, ohne Aufsehen zu erregen etwas Licht in diese mysteriöse Geschichte zu bringen, beginnen etwas weiter draußen im Weltraum die Ereignisse aus dem Ruder zu laufen – und schon bald steht weit mehr auf dem Spiel als nur Sals Karriere und Jaks Leben …
In den letzten Wochen habe ich kurz hintereinander Frank Schätzings DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS, Andy Weirs ARTEMIS und TERRA von T. S. Orgel gelesen. Die drei Bücher sind sich in gewisser Weise sehr ähnlich (z. B. spielen sie alle in der näheren Zukunft und gehören zur Untergattung der Hard SF), unterscheiden sich aber andererseits doch sehr in ihrem Stil und in der Art und Weise wie die Autoren ihre Themen bearbeiten.
Schätzing will deutlich zu viel auf einmal. Weir bleibt leider etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück. Tom und Stephan Orgel (die ja hinter dem „Pseudonym“ T. S. Orgel stecken) dagegen überzeugen in ihrem ersten Science-Fiction-Roman durch die richtige Mischung.
In TERRA passt einfach alles: Egal ob schmissige Dialoge, gelungenes Setting, peinlich genauer Fakten-Check, rasante Action, knisternde Spannung oder schwarzer Humor – die Brüder können einfach schreiben!
Selbst die hin und wieder mit leichter Hand dazwischen gestreuten Huldigungen an bekannte Filme und Bücher wirken nicht aufgesetzt, sondern zeugen von Respekt vor den alten Meistern und von echter Liebe zum Genre.
Besondere Erwähnung soll hier auch die Ausstattung des großformatigen Paperbacks finden, dessen dreiseitiger Gelbschnitt dieses wundervolle Knistern beim ersten Öffnen des Buches erzeugt, das Bücherliebhaber so fasziniert. Zudem gibt es ein Personenverzeichnis, ein Glossar und drei Illustrationen, was den Eindruck hervorragender Recherchearbeit nochmals bestätigt.
Mit TERRA ist T. S. Orgel (nach einem halben Dutzend Fantasy-Büchern) ein großartiger Einstieg in die Science Fiction gelungen. Der Roman hat internationales Niveau und gehört zum Besten was 2018 in deutscher Sprache in diesem Bereich veröffentlicht wurde. Trotz prominenter Konkurrenz ein heißer Anwärter auf den nächsten Kurd-Laßwitz-Preis!

Horst Illmer

T. S. Orgel
TERRA. Roman.
München, Heyne, 2018, 510 S.
ISBN 978-3-453-31967-7 / 14,99 Euro

Sal und Jak sind Geschwister und doch so unterschiedlich wie es Geschwister nur sein können. Während Sal in der Hauptstadt des Mondes als „Space Marshal“ Dienst tut, führt Jak das unstete Leben eines privaten Raumfrachter-Piloten, der auch für nicht ganz so legale Aktionen zu haben ist. Als er auf einer Routine-Mission zwischen Mars und Erde jedoch bemerkt, dass sein ganzer Konvoy dazu benutzt wird,

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Kallocain

von am 26. November 2018 Kommentare deaktiviert für Kallocain

Karin Boye
KALLOCAIN. Roman.
(Kallocain / 1940)
Übersetzung und Nachwort von Paul Berf
München, btb, 2018, 287 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-442-75775-6 / 20,00 Euro

An diesem Buch haftet ein Hauch von Tragik und Verzweiflung: KALLOCAIN gehört in die berühmte Linie klassischer Anti-Utopien wie WIR (Jewgeni Samjatin), SCHÖNE NEUE WELT (Aldous Huxley) und 1984 (George Orwell). Leider ist aber wohl die Herkunft aus einem nicht-englischen Sprachraum (Karin Boye war eine schwedische Pazifistin) für die Autorin und ihr Buch ein Hindernis für eine große, weltweite Verbreitung.
Angesiedelt in der nahen Zukunft des frühen 21. Jahrhunderts, in einer anonymen „Chemiestadt Nr. 4“ im sogenannten „Weltstaat“, schreibt der Chemiker Leo Kall seine Geschichte nieder.
Er erfindet eine Wahrheits-Droge, unter deren Einfluss man alles sagt, ohne dabei Lügen zu können, und die er Kallocain nennt, um damit seinen Namen unsterblich zu machen.
Da Kall ein prinzipienloser Mittläufer ist, stellt er sich und sein Kallocain in den Dienst der Staatspolizei. Er verhört sogar seine Frau Linda unter Drogen und denunziert seinen Chef und verurteilt ihn damit zum Tode.
Bei einem kriegerischen Überfall des benachbarten „Universalsaates“ gerät Kall in Gefangenschaft. Als er seine Erfindung auch hier an den Mann (oder besser an den Geheimdienst) gebracht hat, darf er in lockerem Gewahrsam weiterforschen und seine Lebensgeschichte zu Papier bringen.
Dieser in Ichform verfasste Lebensbericht, wirkt wegen der fehlenden Emotionen des Schreibers nur umso schrecklicher und eindringlicher. Im angefügten „Nachwort des Zensors“ wird von diesem empfohlen, das „Machwerk“ dieses „innerlich vergifteten“ Subjekts unter Verschluss zu halten und Historikern nur zum Zweck der Abschreckung zugänglich zu machen.
(Das dann noch folgende „Nachwort des Übersetzers“ ist dagegen für alle Leser/Leserinnen sehr empfehlenswert. Paul Berf beschäftigt sich ausführlich mit Leben und Werk der Autorin und stellt neben dem Historischen auch die Bezüge zur Jetztzeit in den Fokus.)
Die Autorin war, wie so viele Intellektuelle der damaligen Zeit, voller optimistischer Hoffnungen ins stalinistische Russland gereist und völlig desillusioniert zurückgekommen.
Kurz nach Beendigung des Buches nahm sich Karin Boye 1941 das Leben. Sie schrieb eines der düstersten Kapitel in der Geschichte der Dystopie; einen Klassiker, der keine Hoffnung mehr zulässt, der aber fasziniert und innehalten lässt – innehalten und nachdenken über eine Welt, in der eine junge Frau ein solches Buch schreiben musste.

Horst Illmer

Karin Boye
KALLOCAIN. Roman.
(Kallocain / 1940)
Übersetzung und Nachwort von Paul Berf
München, btb, 2018, 287 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-442-75775-6 / 20,00 Euro

An diesem Buch haftet ein Hauch von Tragik und Verzweiflung: KALLOCAIN gehört in die berühmte Linie klassischer Anti-Utopien wie WIR (Jewgeni Samjatin), SCHÖNE NEUE WELT (Aldous Huxley) und 1984 (George Orwell). Leider ist aber wohl die Herkunft aus einem nicht-englischen Sprachraum (Karin Boye war eine schwedische Pazifistin) für die Autorin und ihr Buch ein Hindernis für eine große,

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Weihnachten auf der Lindwurmfeste

von am 22. November 2018 Kommentare deaktiviert für Weihnachten auf der Lindwurmfeste

Walter Moers
WEIHNACHTEN AUF DER LINDWURMFESTE.
Illustriert von Lydia Rode
München, Penguin, 2018, 112 S.
ISBN 978-3-328-60071-8

Hörbuch:
Gelesen von Andreas Fröhlich
Der Hörverlag, 1 CD, ca. 70 Minuten
ISBN 978-3-8445-3061-2

Und? Ist das jetzt irgendwie hilfreich?
Ein dünnes „Weihnachts-Special“-Hardcover und/oder eine CD gleichen Inhalts anstelle des seit einer gefühlten Ewigkeit erwarteten, dritten TRÄUMENDE BÜCHER-Romans. Da GRRM’lts im Bauch des Walter Moers-Fans!
Aber dann: Ja, doch, muss schon sein, da mal reinzuschauen (rein zu hören lohnt sich ja eh immer, wenn Andreas Fröhlich ein Buch vorliest).
Da vermutlich auch in diesem Jahr erneut kein neuer Roman aus dem Zamonien-Universum mehr erscheinen wird, muss man halt nehmen, was man kriegt – da ist diese von Moers aus dem Zamonischen übersetzte Mythenmetz’sche Kurzgeschichte wenigstens ein kleiner Trost.
Und Weihnachten steht ja auch schon wieder vor der Tür.
Und im Gegensatz zu Hildegunst von Mythenmetz sind wir ja auch keine Hamoulimepp-Hasser (denn so nennen die Lindwürmer ihr unserem Weihnachten vergleichbares Fest), sondern lieben es, (Hör-)Bücher geschenkt zu bekommen oder zu verschenken.
Und nach der hundert Seiten langen Kurzgeschichte (inklusive vieler, schöner, bunter Bilder von Lydia Rode) folgt dann doch noch etwas sehr Hilfreiches: Eine 8 Seiten lange „Leseprobe“ aus dem für Februar 2019 angekündigten Roman DER BÜCHERDRACHE!!!

Bis dahin aber feiern wir erst einmal WEIHNACHTEN AUF DER LINDWURMFESTE.

Horst Illmer

Walter Moers
WEIHNACHTEN AUF DER LINDWURMFESTE.
Illustriert von Lydia Rode
München, Penguin, 2018, 112 S.
ISBN 978-3-328-60071-8

Hörbuch:
Gelesen von Andreas Fröhlich
Der Hörverlag, 1 CD, ca. 70 Minuten
ISBN 978-3-8445-3061-2

Und? Ist das jetzt irgendwie hilfreich?
Ein dünnes „Weihnachts-Special“-Hardcover und/oder eine CD gleichen Inhalts anstelle des seit einer gefühlten Ewigkeit erwarteten, dritten TRÄUMENDE BÜCHER-Romans. Da GRRM’lts im Bauch des Walter Moers-Fans!
Aber dann: Ja, doch, muss schon sein,

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Reise ins innere der Stadt

von am 19. November 2018 Kommentare deaktiviert für Reise ins innere der Stadt

Shaun Tan
REISE INS INNERE DER STADT.
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld
(Tales from the Inner City / 2018)
Hamburg, Aladin 2018, 280 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-8489-2118-8 / 28,00 Euro

Es ist faszinierend: Jedes Buch des Australiers Shaun Tan ist völlig anders als die vorhergehenden und doch fügt es sich nahtlos in sein Gesamtwerk ein. So auch die mit vierzig Illustrationen versehene Kurzgeschichtensammlung REISE INS INNERE DER STADT, die soeben erschienen ist.
Als vor zehn Jahren Shaun Tans erste Story-Kollektion GESCHICHTEN AUS DER VORSTADT DES UNIVERSUMS erschienen war, habe ich in meiner Rezension darüber geschrieben, wie schwer es mir fiel, meine Begeisterung so auszudrücken, dass möglichst viele Menschen sie teilen und das Buch lesen/anschauen würden.
Das ist jetzt anders.
Shaun Tan hat inzwischen den Astrid Lindgren Gedächtnis Preis erhalten, einen Oskar für den besten Kurzfilm bekommen, mit Philip Pullman zusammen die Märchen der Brüder Grimm neu aufbereitet und eine eingeschworene Fangemeinde gewonnen.
Zudem muss man ein Buch wie REISE INS INNERE DER STADT einfach lieben wenn man einmal hineingeschaut und eine der fünfundzwanzig Erzählungen angelesen hat. Mein fester Vorsatz jedenfalls, langsam, immer nur eine Story nach der anderen anzusehen und zu lesen (wie immer bei Tan bilden Bilder und Texte eine künstlerische Einheit), wurde bereits mit dem ersten Satz auf der ersten Seite der ersten Geschichte über den Haufen geworfen. Nach „Die Krokodile leben im siebenundachtzigsten Stock. Und zwar sehr angenehm.“ wollte ich einfach nur noch weiterlesen. 280 Seiten später tauchte ich erschöpft aber glücklich wieder im Hier und Jetzt auf. Ein Vergnügen, das ich jeder Leserin, jedem Leser von Herzen gönne.
Also: Unbedingt 1 Blick riskieren!

Horst Illmer

Shaun Tan
REISE INS INNERE DER STADT.
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld
(Tales from the Inner City / 2018)
Hamburg, Aladin 2018, 280 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-8489-2118-8 / 28,00 Euro

Es ist faszinierend: Jedes Buch des Australiers Shaun Tan ist völlig anders als die vorhergehenden und doch fügt es sich nahtlos in sein Gesamtwerk ein. So auch die mit vierzig Illustrationen versehene Kurzgeschichtensammlung REISE INS INNERE DER STADT, die soeben erschienen ist.

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Die Geissel des Himmels

von am 15. November 2018 Kommentare deaktiviert für Die Geissel des Himmels

Ursula K. Le Guin
DIE GEISSEL DES HIMMELS. Roman.
Erste ungekürzte Ausgabe, übersetzt von Joachim Körber
(The Lathe of Heaven / 1971)
Bellheim, Edition Phantasia, 223 S., April 2006
Phantasia Papberback – Science Fiction – Band 1005
ISBN 3-937897-16-X / 14,90 Euro

Nachdem die frühen Science-Fiction-Romane Ursula K. Le Guins auf fernen Welten und weit in der Zukunft spielten, begab sie sich mit DIE GEISSEL DES HIMMELS erstmals auf die Erde, genauer: nach Portland, Oregon, in ihre Heimatstadt. Handlungszeitraum ist die nahe Zukunft – und unser Planet ist in keinem besonders guten Zustand.
Die erwarteten Verschlechterungen von Klima und politischer Realität sind eingetreten. Terrorismus und Seuchen, Naturkatastrophen und Überbevölkerung beherrschen das Bild.
In der Mitte dieses Panoramas steht George Orr, ein völlig durchschnittlicher Mann. Und zugleich der außergewöhnlichste Mensch des Planeten.
Denn George Orrs Träume werden wahr, das heißt sie verändern die Realität. Da sich allerdings nur Orr selbst an die Welt vor diesen Änderungen erinnern kann, steht er seit Jahren am Rande des Wahnsinns. Nur seine seelische Integrität und mentale Ausgewogenheit bewahren ihn vor dem Abgleiten in Wahnvorstellungen oder Allmachtsphantasien.
Der Zufall führt ihn schließlich zu Dr. William Haber, einem Psychologen mit dem Spezialgebiet Traumforschung. Nach anfänglichen Zweifeln erlebt Haber jedoch selbst, wie Orrs Träume wirken. Der gute Doktor fasst einen Plan: Er will mit Orrs Hilfe eine bessere, eine „schöne, neue Welt“ erschaffen.
Trotz Orrs dringlicher Bitten, mit den Versuchen aufzuhören und obwohl die Veränderungen zumeist nicht zum Besseren gelingen, macht Haber weiter – besessen von der Gier nach Macht …
Der Roman ist von einer tiefen Emotionalität durchdrungen, die Leserinnen und Leser berührt ohne sie zu bevormunden. Die ethischen Fragen einer absoluten Macht – auch in den Händen des gutwilligsten Menschen – werden auf interessante, mitreißende Weise durchgespielt. Ob wir eines Tages wohl soweit sind, dass wir verantwortungsvoll mit solchen Fähigkeiten umgehen werden, steht am Ende „in den Sternen“.
Le Guins Buch lässt jedoch Raum für Hoffnung.

Horst Illmer

Ursula K. Le Guin
DIE GEISSEL DES HIMMELS. Roman.
Erste ungekürzte Ausgabe, übersetzt von Joachim Körber
(The Lathe of Heaven / 1971)
Bellheim, Edition Phantasia, 223 S., April 2006
Phantasia Papberback – Science Fiction – Band 1005
ISBN 3-937897-16-X / 14,90 Euro

Nachdem die frühen Science-Fiction-Romane Ursula K. Le Guins auf fernen Welten und weit in der Zukunft spielten, begab sie sich mit DIE GEISSEL DES HIMMELS erstmals auf die Erde, genauer: nach Portland,

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Die Meerjungfrau

von am 6. November 2018 Kommentare deaktiviert für Die Meerjungfrau

H. G. Wells
DIE MEERJUNGFRAU. Ein Gespinst Mondenschein.
Aus dem Englischen von Joachim Körber
Mit einemNachwort von Horst Illmer
(THE SEA LADY / 1902)
Bellheim, Joachim Körber Verlag, 2018, 173 Seiten
Reihe: Phantasia Paperback Fantasy 2010
ISBN 978-3-937897-57-8 / 14,90 Euro

Im Original wurde H. G. Wells’ Fantasy-Roman DIE MEERJUNGFRAU bereits 1902 veröffentlicht, seine deutsche Erstausgabe erlebt er allerdings erst jetzt. Erstaunlicherweise behandelt das an die romantische Erzählung „Undine“ von Friedrich de la Motte Fouqué angelehnte Werk ein Thema, das derzeit (immer noch oder gerade wieder) hochaktuell ist: Die Beziehungen und Liebeshändel zwischen den drei Geschlechtern. Ja, richtig gelesen: Diese Problematik wurde nicht erst im 21. Jahrhundert erfunden.
In einer wunderschönen, leichten und luftigen (und von Joachim Körber stimmungsgenau übersetzten) Sprache erzählt Wells die Geschichte eines mythischen Wesens, eben jener titelgebenden „Meerjungfrau“, die „nicht Fisch, nicht Fleisch“ ist – aber eben doch auch ein lebendes und liebendes Geschöpf im Körper einer Frau (wenn auch mit Schwanz). Diese Miss Waters hat sich in einen ganz normalen Mann verliebt und setzt alle ihr zur Verfügung stehenden (Zauber-)Mittel ein, um ihn von seiner Verlobten zu trennen und für sich zu gewinnen. Und wie wir aus „alten Mären“ wissen, geht sowas ja selten gut aus …
Die Erzählung hat etwas Traumhaftes und hoch Romantisches, vermeidet aber den Absturz in die Kitsch-Kiste, weil Wells einen sehr feinen, sehr englischen Humor besitzt und diesen genau in der richtigen Dosis einzusetzen weiß. Seine Geschichte von der MEERJUNGFRAU ist tatsächlich „ein Gespinst Mondenschein“ (so auch der passende Untertitel).
Nach bisher drei limitierten Luxusausgaben mit in Deutschland bisher unveröffentlichten Büchern von H. G. Wells in Joachim Körbers Edition Phantasia erschien DIE MEERJUNGFRAU jetzt als preiswertes Taschenbuch in der Reihe Phantasia Paperback.
Ein guter Einstieg für alle, die mehr von Wells lesen wollen als immer nur Neuausgaben der allbekannten drei, vier Klassiker.

Horst Illmer

H. G. Wells
DIE MEERJUNGFRAU. Ein Gespinst Mondenschein.
Aus dem Englischen von Joachim Körber
Mit einemNachwort von Horst Illmer
(THE SEA LADY / 1902)
Bellheim, Joachim Körber Verlag, 2018, 173 Seiten
Reihe: Phantasia Paperback Fantasy 2010
ISBN 978-3-937897-57-8 / 14,90 Euro

Im Original wurde H. G. Wells’ Fantasy-Roman DIE MEERJUNGFRAU bereits 1902 veröffentlicht, seine deutsche Erstausgabe erlebt er allerdings erst jetzt. Erstaunlicherweise behandelt das an die romantische Erzählung „Undine“ von Friedrich de la Motte Fouqué angelehnte Werk ein Thema,

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Die Tyrannei des Schmetterlings

von am 3. November 2018 Kommentare deaktiviert für Die Tyrannei des Schmetterlings

Frank Schätzing
DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS. Roman.
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2018, 735 S.
ISBN 978-3-462-05084-4 26,00 Euro

Hörbuch:
Gelesen von Sascha Rotermund
Der Hörverlag, 2 mp3 CDs, Laufzeit ca. 22 Stunden, 20 Minuten
ISBN 978-3-8445-2978-4 26,00 Euro

Ganz klar: Frank Schätzings Buch DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS ist ein Kolportageroman. Das ist jetzt keineswegs abschätzig gemeint. In früheren Jahrhunderten haben solch unvergessene Meister ihres Fachs wie Karl May, Eugene Sue, Robert Kraft oder Sir John Retcliffe solche Bücher geschrieben. Ihre Geschichten waren viele hundert, manchmal sogar einige tausend Seiten lang, eine so spannend wie die andere und dadurch einen Sog erzeugend, dem sich die LeserInnen nicht mehr entziehen konnten.
Das war damals schon großes Handwerk, das ist bis heute nicht leichter geworden (eher im Gegenteil). Gegenwärtig heißen die Großmeister dieses Unterhaltungsformats Stephen King, George R. R. Martin, Ken Follett oder eben Frank Schätzing.
DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS behandelt, in der Reihenfolge ihres Auftretens, folgende Themen: einen Bürgerkrieg in Afrika, ein Massaker durch Killerinsekten, einen Mord an einer jungen Frau, ganz normale Polizeiarbeit im kalifornischen Hinterland, die pathologischen Untersuchungen einer Ex-FBI-Gerichtsmedizinerin unter erschwerten Bedingungen, jede Menge Kleinstadt-Probleme, eine Drogenrazzia, kleinliche Kompetenzstreitereien unter US-Bundesbehörden, eine nicht ganz stressfreie Vater-Tochter-Beziehungskiste, diverse Video-Dateien mit verstörendem Bildmaterial, den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen zwei Frauen, die Entdeckung einer geheimen Forschungsstation, ein Telefonat mit einem der reichsten Männer der Welt, den Auftritt einer bemerkenswerten Mitarbeiterin eines privaten Wachdienstes, eine atombombensichere, unterirdische Computer-Farm, einen verwirrenden Zeitsprung – und wir sind immer noch nicht über das zweite Kapitel hinausgekommen!
Frank Schätzing hat für dieses Buch intensiv und lange recherchiert. Er hat viel gelesen, ist weit gereist, hat interessante Gespräche mit klugen Menschen geführt, und das alles, um seinem Thema, der Entwicklung Künstlicher Intelligenz, gerecht werden zu können. Neidlos muss man anerkennen, dass ihm das gelungen ist – vermutlich weiß er so ziemlich alles über KIs, was es derzeit zu wissen gibt.
Aber natürlich reicht das noch nicht für einen guten Roman. Dazu gehören Protagonisten mit denen sich die LeserInnen identifizieren können, farbige Schauplätze, eine spannende Handlung und ein nachvollziehbarer Plot. All diese Zutaten enthält das Buch reichlich (manchmal wird es fast zu opulent), was einzig fehlt (vielleicht ist das auch nur dem subjektiven Bedürfnis und Alter des Rezensenten geschuldet) ist ab und zu ein Moment zum Atemholen. DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS liest sich wie ein 22 Stunden langer Directors Cut von THE FAST AND THE FURIOUS (Teil xXx) – das muss man als Leser erst mal aushalten.

Dies vor Augen, habe ich mir den Roman lieber vorlesen lassen – und siehe da, als Hörer jedenfalls hat man keine Probleme, denn Sascha Rotermund ist einer der besten Sprecher, die wir momentan haben. Seine Lesung ist absolut perfekt.
Stimmlage, Timing, Geschwindigkeit, Pausen, Vielstimmigkeit und Wiedererkennbarkeit der Figuren sind optimal, diesem Vorleser mag man einfach immer weiter zuhören. Da ist man nach 22 Stunden und 20 Minuten fast traurig, dass Kolportageromane heutigentags so kurz sind.

Frank Schätzing, der mit seinem Welt-Bestseller DER SCHWARM bewiesen hat, dass er den Puls der Zeit fühlen und ebenso brisante wie aktuelle Themen spannend aufbereiten kann, hat sich mit DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS erneut an ein „Heißes Eisen“ herangewagt. Dass er dabei, mitgerissen von seinem eigenen Schwung, an manchen Stellen über sein Ziel hinaus schließt und mehr in die Köpfe seiner Figuren (und LeserInnen) packen will, als diese aufzunehmen fähig sind, kann man ihm eigentlich nicht vorwerfen. Dadurch lädt das Buch, nach dem ersten „Durchmarsch“, zu einer weiteren Runde ein.
Ganz klar: Wir LeserInnen lassen uns doch von so einem Werk nicht „Bange machen“!

Horst Illmer

Frank Schätzing
DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS. Roman.
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2018, 735 S.
ISBN 978-3-462-05084-4 26,00 Euro

Hörbuch:
Gelesen von Sascha Rotermund
Der Hörverlag, 2 mp3 CDs, Laufzeit ca. 22 Stunden, 20 Minuten
ISBN 978-3-8445-2978-4 26,00 Euro

Ganz klar: Frank Schätzings Buch DIE TYRANNEI DES SCHMETTERLINGS ist ein Kolportageroman. Das ist jetzt keineswegs abschätzig gemeint. In früheren Jahrhunderten haben solch unvergessene Meister ihres Fachs wie Karl May,

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Artemis

von am 27. Oktober 2018 Kommentare deaktiviert für Artemis

Andy Weir
ARTEMIS. Roman.
Übersetzt von Jürgen Langowski (ARTEMIS / 2017)
München, Heyne, 2018, 426 S.
ISBN 978-3-453-27167-8 / 15,00 Euro

Hörbuch:
Gelesen von Gabrielle Pietermann
Random House Audio 2 mp3-CDs, Laufzeit 9 Stunden, 10 Minuten
ISBN 978-3-8371-4165-8

OK! Sie nervt!
Jazz Bashara, die Heldin in Andy Weirs Roman ARTEMIS ist das, was man in anderen Ländern wohl als „a pain in the ass“ bezeichnen würde. Ständig macht sie Sachen, über die wir Erwachsene nur den Kopf schütteln können. Ständig gerät sie in Schwierigkeiten, macht Unsinn, heckt die wildesten Pläne aus und findet erst hinterher heraus, wo sie Löcher haben.
Aber andererseits besitzt sie auch viele anziehende Eigenschaften. Sie hat ihren eigenen Kopf. Sie ist loyal gegenüber ihren Freunden. Sie hat ein Gewissen. Und sie ist außerordentlich begabt darin, Menschen dazu zu bringen, bei ihren Plänen mitzumachen.
Jazz lebt auf dem Mond, in Artemis, der bisher einzigen Siedlung, welche die Menschen auf einer anderen Welt errichtet haben. Seit einem Zerwürfnis mit ihrem Vater schlägt sie sich als Kleinkriminelle mit dem Schmuggeln von auf dem Mond eigentlich verbotenen Waren mehr schlecht als recht durch. Als ihr jedoch ein reicher Klient eine ungeheure Summe für einen Sabotageakt bietet, lässt sie sich, gegen ihre Überzeugung, darauf ein – und gerät damit zwischen alle Fronten.
Andy Weir hat mit seinem Erstling DER MARSIANER einen unfassbaren Erfolg erzielt, da war eigentlich klar, dass es für das nächste Buch aus seiner Feder schwer sein würde. Mit ARTEMIS, einem klassischen Hard-SF-Roman, hat er sich jedoch ganz gut geschlagen. Obwohl seine Protagonistin ständig zum Widerspruch herausfordert und viele Fehler hat (und macht), kann man sich dem Sog ihrer Geschichte nicht entziehen. Stattdessen erwischt man sich dauernd dabei „Achtung!“, Pass auf!“ oder „Mach das nicht!“ rufen zu wollen – das kleine Miststück wächst einem sehr schnell ans Herz.
ARTEMIS ist definitiv kein Roman für die Ewigkeit, kein Buch, das einmal zum Schulbuch-Klassiker wird, aber es ist eine sehr unterhaltsame Geschichte über eine junge Frau, die gegen viele Widerstände ihren Weg geht.

Das leicht gekürzte Hörbuch wird von Gabrielle Pietermann gelesen, deren Stimme (vor allem zu Beginn) etwas nervt, was dann aber auch wieder gut zu Jazz passt. Und nach wenigen Kapiteln kann man sowieso nicht mehr aufhören.

Buch und/oder Hörbuch sind auch als „Einstiegsdroge“ für den Nachwuchs gut geeignet – und Weihnachten ist näher als man denkt.

Horst Illmer

Andy Weir
ARTEMIS. Roman.
Übersetzt von Jürgen Langowski (ARTEMIS / 2017)
München, Heyne, 2018, 426 S.
ISBN 978-3-453-27167-8 / 15,00 Euro

Hörbuch:
Gelesen von Gabrielle Pietermann
Random House Audio 2 mp3-CDs, Laufzeit 9 Stunden, 10 Minuten
ISBN 978-3-8371-4165-8

OK! Sie nervt!
Jazz Bashara, die Heldin in Andy Weirs Roman ARTEMIS ist das, was man in anderen Ländern wohl als „a pain in the ass“ bezeichnen würde.

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Erdsee – Die illustrierte Gesamtausgabe

von am 20. Oktober 2018 Kommentare deaktiviert für Erdsee – Die illustrierte Gesamtausgabe

Ursula K. Le Guin
ERDSEE – DIE ILLUSTRIERTE GESAMTAUSGABE.
Übersetzt von Karen Nölle, Sara Riffel und Hans-Ulrich Möhring
Einleitung von Ursula K. Le Guin, Illustrationen von Charles Vess
(The Books of Earthsea / 2018)
Frankfurt/M., Fischer/TOR, 2018, 1100 Seiten
ISBN 978-3-596-70160-5

Es ist endlich soweit, die Auslieferung hat begonnen, das schönste, tollste, wichtigste Buch des Jahres 2018 ist ab sofort erhältlich: Ursula K. Le Guins großartiger Fantasy-Klassiker ERDSEE – DIE ILLUSTRIERTE GESAMTAUSGABE, erstmals komplett in einem Band – und dann auch noch von Charles Vess illustriert!
„Komplett“ bedeutet in diesem Fall, dass alle bisherigen Romane und Stories von Karen Nölle, Sara Riffel und Hans-Ulrich Möhring neu übersetzt wurden, zudem hat Le Guin für diesen Band, der in den USA demnächst bei Saga Press erscheint, eine eigene Einleitung und eine neue Geschichte geschrieben, und der deutsche Verlag hat noch eine allerletzte, in diesem Sommer erstmals in einem Magazin veröffentlichte Erzählung gefunden und „dazugepackt“.
Mehr ERDSEE war nie, mehr wird es nicht geben.
Welch ein Genuss ist es nun, diese 1100 Seiten (in rotes Leinen gebunden, mit farbigen Vorsätzen und Lesebändchen, im Überformat) durchzublättern, die fünf Romane, neun Kurzgeschichten und zehn Essays (aber Hallo!) zu lesen, die vielen farbigen und schwarzweißen Illustrationen zu betrachten und zu wissen: Mehr braucht es nicht, um glücklich zu sein.

Horst Illmer

Ursula K. Le Guin
ERDSEE – DIE ILLUSTRIERTE GESAMTAUSGABE.
Übersetzt von Karen Nölle, Sara Riffel und Hans-Ulrich Möhring
Einleitung von Ursula K. Le Guin, Illustrationen von Charles Vess
(The Books of Earthsea / 2018)
Frankfurt/M., Fischer/TOR, 2018, 1100 Seiten
ISBN 978-3-596-70160-5

Es ist endlich soweit, die Auslieferung hat begonnen, das schönste, tollste, wichtigste Buch des Jahres 2018 ist ab sofort erhältlich: Ursula K. Le Guins großartiger Fantasy-Klassiker ERDSEE – DIE ILLUSTRIERTE GESAMTAUSGABE,

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Keine Zeit verlieren

von am 8. Oktober 2018 Kommentare deaktiviert für Keine Zeit verlieren

Ursula K. Le Guin
KEINE ZEIT VERLIEREN. Über Alter, Kunst, Kultur und Katzen.
Übersetzt von Anne-Marie Wachs, Vorwort von Karen Nölle, Einführung von Karen Joy Fowler, Vorbemerkung der Autorin.
(No Time to Spare / 2017)
München Berlin, Golkonda, 2018, 256 S.
ISBN 978-3-946503-50-7 / 18,00 Euro

Es gehörte in den letzten Jahren zu meinen schönsten Erfahrungen mit dem Internet, dass ich bei meinen regelmäßigen Besuchen auf der Homepage von Ursula K. Le Guin (www.ursulakleguin.com) immer wieder auf neue Blog-Einträge der Autorin stieß und so das Gefühl hatte, ein Teil ihrer weltweiten „Groß-Familie“ zu sein.
Angeregt durch ihr Vorbild José Saramago entdeckte Le Guin im Jahr 2010 die Form des Internet-Blogs für sich – und fand dort eine Möglichkeit, auch jenseits ihres 80. Geburtstags und trotz altersbedingter körperlicher Unzulänglichkeiten, mit ihren Fans, ihren, Freunden, ihrer Familie in Kontakt zu bleiben und – wie nicht anders zu erwarten – entwickelte sie, nach einigen ersten, tastenden Versuchen, eine eigene „Stimme“. Nur ganz wenige Blogs vermitteln bei der Lektüre eine solche menschliche Nähe und gedankliche Tiefe.
Wer das bisher verpasst hat, kann ab sofort in KEINE ZEIT VERLIEREN ihre Gedanken zu „Alter, Kunst, Kultur und Katzen“ nachlesen. Der von Anne-Marie Wachs übersetzte Band, der Le Guin soeben posthum ihren siebten HUGO beschert hat, enthält auf 250 Seiten eine breitgefächerte Auswahl ihrer wichtigsten, lustigsten, klügsten, anrührendsten Posts der letzen acht Jahre, eingeleitet von einem Vorwort von Karen Nölle und einer Einführung ihrer Freundin Karen Joy Fowler.
Pure Weisheit – häppchenweise serviert.

Horst Illmer

Ursula K. Le Guin
KEINE ZEIT VERLIEREN. Über Alter, Kunst, Kultur und Katzen.
Übersetzt von Anne-Marie Wachs, Vorwort von Karen Nölle, Einführung von Karen Joy Fowler, Vorbemerkung der Autorin.
(No Time to Spare / 2017)
München Berlin, Golkonda, 2018, 256 S.
ISBN 978-3-946503-50-7 / 18,00 Euro

Es gehörte in den letzten Jahren zu meinen schönsten Erfahrungen mit dem Internet, dass ich bei meinen regelmäßigen Besuchen auf der Homepage von Ursula K. Le Guin (www.ursulakleguin.com) immer wieder auf neue Blog-Einträge der Autorin stieß und so das Gefühl hatte,

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Der Geist der Science-Fiction

von am 3. Oktober 2018 Kommentare deaktiviert für Der Geist der Science-Fiction

Roberto Bolaño
DER GEIST DER SCIENCE-FICTION. Roman.
Aus dem Spanischen von Christian Hansen
(EL ESPIRITU DE LA CIENCIA-FICCION / 1984 & 2016)
Frankfurt/M., S. Fischer, 2018, 252 S.
ISBN 978-3-10-397359-4

"Lieber Science-Fiction-Leser,

wenn Du dieser Anrede würdig bist, wenn Du gut erzählte Literatur magst, wenn Du über den nötigen Humor verfügst, den der Autor des Romans DER GEIST DER SCIENCE-FICTION von Dir erwartet, wenn Du fragmentarisch-verzwickte, atmosphärisch-fiebrige, handlungsarme aber gedankenreiche Geschichten lesen willst, wenn Südamerika auf Deiner Lese-Landkarte vorkommt, wenn Du selbst schon einmal Briefe an Ursula K. Le Guin, James Tiptree Jr., Fritz Leiber, Robert Silverberg und Philip Jose Farmer schreiben wolltest – dann bist Du mit diesem Buch bestens bedient.
Falls Du noch zögerst: Stell Dir einfach vor, Deine blinde Zwillingsschwester würde zu Dir sprechen, und hör auf mich.

Sei bedankt und umarmt, 1000 Küsse,
Dein
Horst Illmer"

P.S.: Ein Buch, das den Titel DER GEIST DER SCIENCE-FICTION trägt, das zudem noch vom großen, leider viel zu früh verstorbenen, Chilenen Roberto Bolaño geschrieben wurde und das außerdem (nicht nur, aber auch) von Denis Scheck begeistert empfohlen wird, muss einfach in jeder Science-Fiction-Sammlung stehen. Punkt.

Roberto Bolaño
DER GEIST DER SCIENCE-FICTION. Roman.
Aus dem Spanischen von Christian Hansen
(EL ESPIRITU DE LA CIENCIA-FICCION / 1984 & 2016)
Frankfurt/M., S. Fischer, 2018, 252 S.
ISBN 978-3-10-397359-4

"Lieber Science-Fiction-Leser,

wenn Du dieser Anrede würdig bist, wenn Du gut erzählte Literatur magst, wenn Du über den nötigen Humor verfügst, den der Autor des Romans DER GEIST DER SCIENCE-FICTION von Dir erwartet, wenn Du fragmentarisch-verzwickte, atmosphärisch-fiebrige, handlungsarme aber gedankenreiche Geschichten lesen willst,

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Edison – Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes

von am 1. Oktober 2018 Kommentare deaktiviert für Edison – Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes

Torben Kuhlmann
EDISON – DAS RÄSTEL DES VERSCHOLLENEN MAUSESCHATZES.
Zürich, NordSüd, 2018, ca. 120 Seiten
ISBN 978-3-314-10447-3

Vor guten sechs Jahren eroberte in Torben Kuhlmanns Erstlingswerk LINDBERGH eine Maus gleichzeitig den Luftraum und die Herzen der Leser, vor zwei Jahren schickte er in ARMSTRONG eine abenteuerlustige Maus sogar zum Mond, und nun legt der 1982 geborene Illustrator und Texter mit EDISON den dritten Teil seiner „Alternativen Weltgeschichte der bahnbrechendsten Erfindungen“ vor.
Diesmal schickt er seine kleinen Helden auf den Grund des Atlantiks um „Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes“ zu lösen. Geschickt lockt die Geschichte ihre Leser auf diverse falsche Fährten, geht es doch gar nicht um die Erfindung der Taucherglocke oder des U-Bootes, sondern um … (Ähm, fast hätte ich jetzt zu viel verraten.)
Gar keine Frage, dass die unterseeischen und oberirdischen Abenteuer nicht ohne Gefahr für Leib und Leben der kleinen Tüftler und Erfinder abgehen – und ebenfalls keine Frage, dass Kuhlmann die Geschichte wieder mit unendlicher Sorgfalt und Liebe fürs Detail gezeichnet und erzählt hat. Am Ende geht jedenfalls nicht nur den Mäusen „ein Licht auf“.

Horst Illmer

Torben Kuhlmann
EDISON – DAS RÄSTEL DES VERSCHOLLENEN MAUSESCHATZES.
Zürich, NordSüd, 2018, ca. 120 Seiten
ISBN 978-3-314-10447-3

Vor guten sechs Jahren eroberte in Torben Kuhlmanns Erstlingswerk LINDBERGH eine Maus gleichzeitig den Luftraum und die Herzen der Leser, vor zwei Jahren schickte er in ARMSTRONG eine abenteuerlustige Maus sogar zum Mond, und nun legt der 1982 geborene Illustrator und Texter mit EDISON den dritten Teil seiner „Alternativen Weltgeschichte der bahnbrechendsten Erfindungen“ vor.
Diesmal schickt er seine kleinen Helden auf den Grund des Atlantiks um „Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes“ zu lösen.

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Black Eyes – Indonesier-Bands in Germany

von am 7. September 2018 Kommentare deaktiviert für Black Eyes – Indonesier-Bands in Germany

Wenske/Hyde
BLACK EYES – INDONESIER-BANDS IN GERMANY.
Storys & Bilder
Berlin, Hirnkost, 2018, 300 Seiten
ISBN 978-3-945398-66-1

„Die Bars und Rockschuppen in den Garnisonsstädten waren ein heißes Pflaster, beherrscht von angesoffenen GIs, die auf ein Fräulein warteten, das sie abschleppen konnten, abgebrühte Amateurnutten mit Filzläusen und Tripperbefall, Zuhältern und Kriminellen an den Tischen, die den Whisky in sich reinschütteten, Kellner, die nur darauf lauerten, dass ein Paar die Tanzfläche vor der Bühne stürmte, um beim Rock’n’Roll die Knochen zu verrenken, damit sie die halbvollen Gläser und Flaschen zusammenschütten und dem nächsten Ami am geräumten Platz servieren konnten.“
Wenske/Hyde in: BLACK EYES (S. 16)

Um die „Storys & Bilder“ in BLACK EYES – INDONESIER-BANDS IN GERMANY zu genießen, muss man nicht unbedingt auf toll illustrierte Bildbände stehen, Geschichten aus der Anfangszeit der Bundesrepublik spannend finden, Musik mögen, Fan von Helmut Wenske sein oder gar wissen, was „Indonesier-Bands“ sind – es hilft halt einfach. Falls man jedoch neugierig und wagemutig genug ist, sich auf dieses hervorragend gestylte, auf bestem Papier und in bester Qualität gedruckte, fast 300 quadratische Seiten starke Hardcover einzulassen, könnte es durchaus sein, dass man hinterher die oben aufgezählten Kriterien allesamt erfüllt. Unter seinem etablierten „Doppel-Pseudonym“ Wenske/Hyde hat der erzählfreudige und anekdotenreiche Hanauer Künstler nach SACKRATTEN BLUES (2011) und RED ROOSTER (2016) erneut tief in seinen Erinnerungen (und Bilderschätzen) gekramt und in BLACK EYES einem wenig erforschten und selbst Musikhistorikern fast unbekannten, nur wenige Jahre währenden Phänomen des Rock’n’Roll die ihm zustehende Würdigung zuteil­werden lassen. Was Wenske/Hyde über die zumeist aus Holland stammenden Indo-Bands The Black Dynamites, The Black Magic, The Crazy Rockers, The Javalins und natürlich vor allem über The Tielman Brothers zu erzählen weiß, lässt die damalige Musikszene in den ameri­kanischen GI-Clubs von Hanau und Umgebung wieder lebendig werden – und erzeugt im Leser und Betrachter den Wunsch, dabei gewesen zu sein. Wer angeregt von BLACK EYES im Internet nach dieser Musik sucht, wird Songs und Bandauftritte finden, bei denen selbst den Beatles und den Rolling Stones vermutlich die Münder offen geblieben wären.

Horst Illmer

Wenske/Hyde
BLACK EYES – INDONESIER-BANDS IN GERMANY.
Storys & Bilder
Berlin, Hirnkost, 2018, 300 Seiten
ISBN 978-3-945398-66-1

„Die Bars und Rockschuppen in den Garnisonsstädten waren ein heißes Pflaster, beherrscht von angesoffenen GIs, die auf ein Fräulein warteten, das sie abschleppen konnten, abgebrühte Amateurnutten mit Filzläusen und Tripperbefall, Zuhältern und Kriminellen an den Tischen, die den Whisky in sich reinschütteten, Kellner, die nur darauf lauerten, dass ein Paar die Tanzfläche vor der Bühne stürmte,

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Die Hugo Awards 2001-2017

von am 30. August 2018 Kommentare deaktiviert für Die Hugo Awards 2001-2017

Hardy Kettlitz
DIE HUGO AWARDS 2001–2017.
München, Memoranda, 2018, 352 Seiten
Klappenbroschur
ISBN 978-3-944720-75-3

Als Hardy Kettlitz 2015 den ersten Band seiner HUGO AWARDS-Reihe (betreffend die Jahre von 1953 bis 1984) vorlegte, überzeugte das Konzept auf den ersten Blick.
Alle Gewinner dieses wichtigsten Science-Fiction-Preises der Welt wurden ausführlich in Text und Bild vorgestellt, die weiteren Nominierungen waren gelistet, es gab Informationen zu den jeweiligen zugehörigen WorldCons auf denen die Preise verliehen wurden. Nur in der Anzahl der benötigten Bücher (zwei) hatte sich Kettlitz verschätzt. Die stetige Erweiterung der Kategorien, in denen der HUGO verliehen wird, machte eine Aufteilung auf insgesamt drei Bände notwendig.

Mit dem soeben veröffentlichten Band DIE HUGO AWARDS 2001–2017 hat dieses weltweit einzigartige Projekt nun seinen krönenden Abschluss gefunden. Neben den Preisen für die angeführten Jahre, werden auch die Retro-HUGOs für 1939, 1941, 1951 und 1954 vorgestellt und auch die im Berichtszeitraum Aufsehen erregende „Sad Puppies“-Kampagne wird, soweit nötig, begutachtet.
So macht Sekundärliteratur Spaß!

Horst Illmer

Hardy Kettlitz
DIE HUGO AWARDS 2001–2017.
München, Memoranda, 2018, 352 Seiten
Klappenbroschur
ISBN 978-3-944720-75-3

Als Hardy Kettlitz 2015 den ersten Band seiner HUGO AWARDS-Reihe (betreffend die Jahre von 1953 bis 1984) vorlegte, überzeugte das Konzept auf den ersten Blick.
Alle Gewinner dieses wichtigsten Science-Fiction-Preises der Welt wurden ausführlich in Text und Bild vorgestellt, die weiteren Nominierungen waren gelistet, es gab Informationen zu den jeweiligen zugehörigen WorldCons auf denen die Preise verliehen wurden. Nur in der Anzahl der benötigten Bücher (zwei) hatte sich Kettlitz verschätzt.

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Über den Anstand in schwierigen Zeiten…

von am 25. August 2018 Kommentare deaktiviert für Über den Anstand in schwierigen Zeiten…

Axel Hacke
ÜBER DEN ANSTAND IN SCHWIERIGEN ZEITEN UND DIE FRAGE, WIE WIR MITEINANDER UMGEHEN.
München, Kunstmann, 2017, 190 Seiten
ISBN 978-3-95614-200-0 /18,00 Euro

Es gibt sie noch – diese Bücher, bei deren Lektüre schon, und dann im Besonderen kurz nach dem Fertiglesen, ich diesen Drang verspüre, es jedem Menschen den ich kenne, ach was, jedem Menschen auf der Welt, zu schenken, mit dem Ausruf: „Lest doch! Lest doch dieses Buch!“.

Gerade eben habe ich wieder dieses wunderschöne, wenn auch leider unerfüllbare, Bedürfnis verspürt, und zwar nachdem ich die letzten Seiten von Axel Hackes Groß-Essay über das Zusammenleben mit anderen Menschen ÜBER DEN ANSTAND IN SCHWIERIGEN ZEITEN UND DIE FRAGE, WIE WIR MITEINANDER UMGEHEN hinter mich gebracht habe. Und ja, dieses Büchlein habe ich nicht selbst entdeckt. Ich habe es mir gekauft, nachdem mein lieber Kollege Denis Scheck es über Monate hinweg in seiner Sendung DRUCKFRISCH immer wieder lobend erwähnt hat.

Eigentlich wollte ich es dann an einem „Stillen Ort“ deponieren und alle Tage eine Seite lesen, da ich es fälschlich für eine Art Aphorismensammlung oder eine Zusammenstellung von Einzelkolumnen gehalten habe. Alles Quatsch. Sobald man das Buch einmal aufgeschlagen hat, lässt es einen nicht mehr los.

ÜBER DEN ANSTAND IN SCHWIERIGEN ZEITEN UND DIE FRAGE, WIE WIR MITEINANDER UMGEHEN ist ein durchgehend konzipierter Text, ein sehr langer Essay, in dem es Hacke um nichts weniger geht als darum, mit sich selbst ins Reine zu kommen über die Frage, wie viel Anstand notwendig ist, damit man sich nicht selbst wie ein Arsch aufführt – kurz gesagt: Was kann ich tun, um als Mensch mit meinen Mitmenschen so umzugehen, dass sich dabei alle zumindest nicht schlechter fühlen als es ohne diesen zwischenmenschlichen Kontakt der Fall wäre.

Hört sich einfach an, ist aber sauschwer. Axel Hackes Buch hilft dabei.
Also: Lest doch!

Horst Illmer

Axel Hacke
ÜBER DEN ANSTAND IN SCHWIERIGEN ZEITEN UND DIE FRAGE, WIE WIR MITEINANDER UMGEHEN.
München, Kunstmann, 2017, 190 Seiten
ISBN 978-3-95614-200-0 /18,00 Euro

Es gibt sie noch – diese Bücher, bei deren Lektüre schon, und dann im Besonderen kurz nach dem Fertiglesen, ich diesen Drang verspüre, es jedem Menschen den ich kenne, ach was, jedem Menschen auf der Welt, zu schenken, mit dem Ausruf: „Lest doch! Lest doch dieses Buch!“.

Gerade eben habe ich wieder dieses wunderschöne,

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phantastisch! 71

von am 26. Juli 2018 Kommentare deaktiviert für phantastisch! 71

Klaus Bollhöfener (Hrsg.)
phantastisch! neues aus anderen welten.
Heft 71 / Ausgabe 3/2018 / 18. Jahrgang
Stolberg, Atlantis Verlag, Juli 2018, 76 Seiten
ISSN 1616-8437 / 5,95 Euro

Also, man kann das mit dem Understatement ja schon auch übertreiben.
Natürlich ist dieses Titelbild von Jan Hoffmann ein echter „eye-catcher“, natürlich ist der auf dem Umschlag aufgeführte Tom Hillenbrand ein Bestsellerautor, und natürlich sind Christian Endres, Carsten Kuhr und Jürgen Kirchner als „local heroes“ ein Kaufargument – aber wenn man einen Artikel von Neil Gaiman und eine Kurzgeschichte von Joe R Lansdale im Heft hat, darauf könnte man doch mal hinweisen. Oder?

Außer dem schon Erwähnten gibt es noch starke Interviews (z. B. mit dem Designer Paul D. Austerberry, der mit Guillermo del Toro SHAPE OF WATER gedreht hat), jede Menge klasse Artikel über SUPERMAN, über ELRIC, über den Filmklassiker DER WEISSE HAI, über die Phantastische Bibliothek in Wetzlar, über die Gedichte von Thomas M. Disch, über BLACK HAMMER und viele, viele Hinweise auf aktuelle Buch- und Comic-Neuerscheinungen.
Natürlich fehlen auch nicht der Buchhandels-Cartoon von Steffen Boiselle und der „Ein seltsamer Tag“-Comic von Olaf Brill und Michael Vogt.
Ach ja, und der SF-Kritiker Herrmann Ibendorf berichtet in seiner neuen Serie „Shop-Talk“ über einen ganz normalen (Sams-)Tag in einer (fast) normalen kleinen Spezial-Buchhandlung in einer deutschen (gerade-so)-Großstadt.
Die soeben erschienene Ausgabe 71 der phantastisch! platzt wieder einmal aus allen Nähten. Ein Highlight löst das andere ab. Wer hier nichts findet, hat hier auch nichts verloren.
(So, das musste mal gesagt werden.)

Horst Illmer

Also, man kann das mit dem Understatement ja schon auch übertreiben.
Natürlich ist dieses Titelbild von Jan Hoffmann ein echter „eye-catcher“, natürlich ist der auf dem Umschlag aufgeführte Tom Hillenbrand ein Bestsellerautor, und natürlich sind Christian Endres, Carsten Kuhr und Jürgen Kirchner als „local heroes“ ein Kaufargument – aber wenn man einen Artikel von Neil Gaiman und eine Kurzgeschichte von Joe R Lansdale im Heft hat, darauf könnte man doch mal hinweisen. Oder?

NOVA Science-Fiction

von am 23. Juli 2018 Kommentare deaktiviert für NOVA Science-Fiction

Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA Science-Fiction. Ausgabe 26
Murnau, p.machinery, 2018, 210 S.
ISBN 978-3-95765-136-5 / 13,90 Euro

Neuer Verlag (p.machinery), neuer Mitherausgeber (Michael Haitel), neues Redaktionsteam (u. a. Thomas Sieber), neue Gestaltung: die aktuelle Ausgabe 26 des seit mehr als fünfzehn Jahren erscheinenden Science-Fiction-Magazins NOVA wird ihrem Namen mehr als gerecht. Konstant geblieben sind Michael K. Iwoleit als Herausgeber und der Anspruch, gehaltvolle deutsche Science-Fiction-Geschichten zu präsentieren. Betrachten wir das Ergebnis so vieler Novitäten also einmal in Ruhe.
Ein kurzes Editorial von Redakteur Thomas Sieber zur Einführung und Erklärung weist nochmals auf das Primat der Stories in NOVA hin.
Diesmal sind es acht an der Zahl; die Beiträger (alles Männer) sind Herausgeber Iwoleit selbst, Altmeister Norbert Stöbbe, der Autor und Übersetzer Bernhard Kempen, sowie Moritz Greenman, Marc Späni, Thorsten Küper, Michael Friebel und Klaus Berger-Schwab. Die Themen reichen von Zeitreisen über Nano-Technologie, quantenphysikalische Paradoxe, Alien-Invasion, Erstkontakt mit Genderproblemen und Weltuntergängen durch alberne Streiche, bis hin zu fast unerträglich intensiven Einsichten in unser aller Älterwerden und der Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich auch in der Zukunft noch weit auseinanderklaffen wird.
Alles in allem eine zwar erwartbare Mischung, deren Lesbarkeit jedoch durchweg hoch ist und für sich genommen schon zu einer Empfehlung reicht.
Aber! Und das ist jetzt unter die Rubrik „echt dumm gelaufen“ einzuordnen: Nach den Kurzgeschichten kommt noch ein erweiterter Sekundärteil mit sechs Beiträgen (u. a. von und über drei Frauen) – und diese fünfzig Seiten sind einfach unfassbar gut!
Schon das Interview, das Sieber mit Professor Harald Lesch führte, ist einfach prima. Die beiden hatten viel Spaß und das Gespräch war wohl so ausführlich, dass nur der 1. Teil abgedruckt werden konnte (Teil 2 also in NOVA 27).
Dann untersucht Dirk Alt einen Text von Stanislaw Lem in einer Art, dass man sofort Lust auf mehr (sowohl von Alt als auch von Lem) bekommt.
Der Tod von Ursula K. Le Guin hat uns alle betroffen gemacht, umso tröstlicher ist es, dass hier gleich drei Beiträge versammelt sind, die den Abschied ein wenig leichter machen. Die Le Guin-Schülerin Vandana Singh schreibt auf sehr persönliche Weise über ihre gemeinsame Zeit in den Wäldern Oregons. Der englische Star-Autor Christopher Priest steuert seine Erinnerungen bei. Und dann hat es die NOVA-Crew tatsächlich geschafft und mit „Ich stelle mich vor“ einen bisher auf Deutsch unveröffentlichten autobiographischen Essay Le Guins ins Magazin bekommen!
Den Abschluss bildet ein Nachruf von mir auf die ebenfalls kürzlich verstorbene Kate Wilhelm.
Schaut einfach mal in das neue NOVA rein. Es wird euch gefallen.

Horst Illmer

Neuer Verlag (p.machinery), neuer Mitherausgeber (Michael Haitel), neues Redaktionsteam (u. a. Thomas Sieber), neue Gestaltung: die aktuelle Ausgabe 26 des seit mehr als fünfzehn Jahren erscheinenden Science-Fiction-Magazins NOVA wird ihrem Namen mehr als gerecht. Konstant geblieben sind Michael K. Iwoleit als Herausgeber und der Anspruch, gehaltvolle deutsche Science-Fiction-Geschichten zu präsentieren. Betrachten wir das Ergebnis so vieler Novitäten also einmal in Ruhe.

Vinyl Album Cover Art – HIPGNOSIS

von am 18. Juli 2018 Kommentare deaktiviert für Vinyl Album Cover Art – HIPGNOSIS

Aubrey Powell
VINYL ALBUM COVER ART. HIPGNOSIS – DAS GESAMTWERK.
Übersetzt von Sonja Kerkhoffs, Vorwort von Peter Gabriel
(VINYL ALBUM COVER ART / 2017)
Hamburg, Edel, 2018, 320 S.
ISBN 978-3-8419-0608-3 / 35,00 Euro

Auf dem Cover seiner aktuellen CD „Heaven and Earth“ steht Kamasi Washington scheinbar auf der spiegelglatten Oberfläche in der Mitte eines riesigen Sees. Keine Schrift stört den erhabenen Gesamteindruck. Ein Plattencover, das mich (und vermutlich viele Musikliebhaber, die wie ich in den Jahren zwischen 1965 und 1985 Langspielplatten kauften, bevor die CD-Revolution unser aller Kaufverhalten radikal veränderte) sofort an die besten Entwürfe von Hipgnosis erinnerte.
Wer jetzt fragen muss, wer oder was „Hipgnosis“ ist/war: Die überwiegende Zahl von Plattencovern, an die man sich auch nach Jahrzehnten sofort erinnert, die manchmal wichtiger für die Kaufentscheidung waren als die Musik auf den zugehörigen Platten, stammt aus der Designerwerkstatt von Hipgnosis. Zu ihren Kunden zählten Pink Floyd, Led Zeppelin, Paul McCartney & die Wings, Genesis, Peter Gabriel, Alan Parsons Project, 10cc usw. etc. (fast) ad infinitum.
Hipgnosis, das waren Peter Christopherson (1955–2010), Storm Torgerson (1944–2013) und der 1946 geborene Aubrey Powell.
Hipgnosis, das waren mehrere hundert Schallplatten-Cover, die das Trio in den Jahren zwischen 1967 und 1984, oftmals in Zusammenarbeit mit den Musikern – und manchmal gegen den Willen der Plattenfirma –, entwarf und produzierte.
Hipgnosis, das war Kunst um der Kunst Willen, ganz egal, was es kostete und welche Tabus dabei verletzt wurden: Fliegende Schweine, brennende Männer, grasende Kühe spielten hier genauso eine Rolle wie (halb-)nackte Männer und Frauen, Zeichentrick-Figuren surrealistisch verfremdete Wetterphänomene oder kunstvoll arrangierte „Alltagsszenen“.
Da sich das Vinyl-Album, entgegen allen Erwartungen, über die CD-Zeit gerettet hat, ja in den letzten Jahren sogar wieder verstärkte Präsenz auf dem ansonsten schrumpfenden Musik-Markt zeigt, ist VINYL ALBUM COVER ART, der von Aubrey Powell jetzt vorgelegte (und intensiv kommentierte) Mammut-Bildband mit dem Hipgnosis-Gesamtkatalog vielleicht nicht nur von historischem Interesse für ein paar Nostalgiker. Unter Umständen genießen auch Leute, die erst jetzt mit dem Medium der Langspielplatte Bekanntschaft machen, das Durchblättern dieses herrlichen Buches, voll mit Abbildungen von eigentlich nur als „Werbung“, als „Verpackung“ gedachter Gebrauchsgrafik, der es überdurchschnittlich oft gelingt, den Sprung über die „Kunst-Hürde“ zu schaffen.
Oder, wie es Peter Gabriel in seinem Vorwort so treffend beschreibt: „Rockmusik war die treibende Kraft der kulturellen Revolution der 1960er-Jahre und das Album war ihr König. Das neue Album seiner Lieblingsband zu öffnen glich einem religiösen Akt, und das Cover trug entscheidend dazu bei, die Bilder jener Zauberwelt, die man betrat, sobald man die Nadel in die jungfräulichen Rillen setzte, lebendig werden zu lassen.“

Horst Illmer

Auf dem Cover seiner aktuellen CD „Heaven and Earth“ steht Kamasi Washington scheinbar auf der spiegelglatten Oberfläche in der Mitte eines riesigen Sees. Keine Schrift stört den erhabenen Gesamteindruck. Ein Plattencover, das mich (und vermutlich viele Musikliebhaber, die wie ich in den Jahren zwischen 1965 und 1985 Langspielplatten kauften, bevor die CD-Revolution unser aller Kaufverhalten radikal veränderte) sofort an die besten Entwürfe von Hipgnosis erinnerte.

Harlan Ellison 1934 – 2018

von am 2. Juli 2018 Kommentare deaktiviert für Harlan Ellison 1934 – 2018

Er war der Meister der kurzen Form. Seine Stories, Essays, Comics, Drehbücher, Vorworte, Interviews, Rezensionen usw. waren immer mindestens großartig. Die „Great American Novel“ jedoch war von ihm nicht zu erwarten. Dazu hatte er einfach nicht die Geduld.
Harlan Ellison war der „King of Pop“ der amerikanischen Science Fiction. Er war einer der am meisten mit Preisen überhäuften Autoren der Gegenwart. Er war überall zuhause, kein Genre war ihm fremd, doch seine Liebe galt der phantastischen Kunst in all ihren Ausprägungen. Diese Liebe wurde erwidert. Für viele Genre-Künstler war er Vorbild, Freund und Förderer – und für viele Kritiker war er die Nemesis an der sie sich ihr Leben lang abarbeiteten. Und Ellison ging keinem Kampf, keiner Herausforderung, keiner Konfrontation jemals aus dem Weg! Legendär wurden seine Prozesse gegen Giganten der Branche wie CBS, Warner, Paramount oder James Cameron, aber auch Kollegen wie Charles Platt oder Connie Willis konnten mit einem Satz oder einer leichtsinnig geäußerten Kritik sein Missfallen erregen.
Ellison war ein Sammler: Sein Haus nannte er zuerst (niemals einem Wortspiel abgeneigt) „Ellison Wonderland“, nur um es dann in „The Lost Aztec Temple of Mars“ umzutaufen. Seine Sammlung enthielt angeblich mehr als 750.000 Einzelstücke.
Ellison war fünf Mal verheiratet. Er schrieb mehrere hundert Kurzgeschichten. Er „erfand“ die literarische Fernsehkritik. Er las dutzende von Hörbüchern ein. Er gab Schreibkurse und schrieb selbst im Schaufenster eines Kaufhauses. Er war der Herausgeber der zwei wichtigsten Science-Fiction-Anthologien: DANGEROUS VISIONS und AGAIN, DANGEROUS VISIONS.
Am 28. Juni 2018 vollendete Harlan Ellison dann schließlich doch noch ein monumentales Epos: den Roman seines Lebens. Es ist eine „Great American Novel“ geworden.
I love Harlan. He is my big brother from another mother. He’s willing to slap me upside the head whenever (he thinks) I need it.” David Gerrold, „Foreword” in: Nat Segaloff – A LIT FUSE. (S. 14)
 
Horst Illmer

Danke an Horst für diesen Nachruf und für die folgende Rezension des einzigen derzeit lieferbaren Bandes von Harlan Ellison in deutscher Sprache.

Gerd

Er war der Meister der kurzen Form. Seine Stories, Essays, Comics, Drehbücher, Vorworte, Interviews, Rezensionen usw. waren immer mindestens großartig. Die „Great American Novel“ jedoch war von ihm nicht zu erwarten. Dazu hatte er einfach nicht die Geduld.
Harlan Ellison war der „King of Pop“ der amerikanischen Science Fiction. Er war einer der am meisten mit Preisen überhäuften Autoren der Gegenwart. Er war überall zuhause, kein Genre war ihm fremd, doch seine Liebe galt der phantastischen Kunst in all ihren Ausprägungen.

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Ich muss schreien und habe keinen Mund

von am 2. Juli 2018 Kommentare deaktiviert für Ich muss schreien und habe keinen Mund

Harlan Ellison
ICH MUSS SCHREIEN UND HABE KEINEN MUND
Ü: Diverse
(Best of Collection)
München, Heyne, 2014, 670 Seiten
ISBN 978-3-453-31557-0 / 18,99 Euro

 

Auf dieses Buch mussten die deutschen Science-Fiction-Fans mehr als vierzig Jahre warten! Tatsächlich erschienen die beiden einzigen deutschsprachigen Sammelbände mit Texten von Harlan Ellison in den Jahren 1972 und 1973 – und das war‘s dann.
Jede einzelne der zwanzig Erzählungen, die in dem Kurzgeschichtenband „Ich muss schreien und habe keinen Mund“ enthaltenen ist, macht einem nun diese Fehlstelle in der persönlichen Lektüre-Historie schmerzlich bewusst – und vervielfacht so auf paradoxe Weise sogar noch den Genuss beim Lesen.

Da es sich hier um ein Buch jenes Mannes handelt, der aus seinem Namen ein Markenzeichen (im wahrsten Sinne des Wortes) gemacht hat, eines Schriftstellers, der in seiner Heimat unter anderem auch dafür bekannt ist, dass seine Kurzgeschichtensammlungen manchmal mehr Text in den Vorworten, Einführungen, Anmerkungen und Ergänzungen enthalten als in den Stories, verbietet es sich fast von selbst, einfach nur eine Rezension über diesen in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Sammelband zu schreiben.

Dankenswerter Weise konzentrierte man sich bei Heyne darauf, zwanzig Erzählungen aus einem Fundus von mehr als 1700 Texten auszuwählen und diese in exzellenten Übersetzungen (In der Reihenfolge ihres Auftretens: Hannes Riffel, Wulf Bergner, Alfred Scholz, Bernhard Kempen, Eva Malsch, Stefan Bauer, Nils Henning von Hugo, Leni Sobez, Laura Gutmann, Birgit Reß-Bohusch, Bernd W. Holzrichter, Irene Bonhorst, Heiko Langhans und Thomas Tebbe) in ihrer „Reinform“ zu präsentieren. Das erleichterte die Entscheidung, diese Würdigung von Autor und Buch einmal auf eine etwas ausführlichere Art zu versuchen.

Mephisto in Onyx (1993)

Der Comiczeichner und Filmregisseur Frank Miller schrieb über die Empfindungen, die ihn bei dieser Geschichte überkamen: „Harlans Beschreibung eines Gefängnisbesuchs wirkt so unendlich viel eloquenter und wirklicher als die meinige. Das ist eine der Eigenschaften, die Harlan aus dem Rest des Haufens heraushebt. Obwohl er sich dafür der Phantastik bedient, vermitteln seine Stories ein Gefühl von Wahrheit. Das ist nicht nur ein Triumpf der Technik oder das Resultat von reichlich Lebenserfahrung. Es ist seine ungewöhnliche Fähigkeit, das Unterbewusste, das Poetische zu definieren und zu vermitteln, die ein Ereignis als real erscheinen lässt. Etwas, das man weder gesehen noch gehört und es trotzdem erlebt hat. Harlan besitzt die magische Fähigkeit das Unmögliche Wirklichkeit werden zu lassen. „Mephisto in Onyx“ ist eine furchteinflößende Geschichte. Harlan benutzt ein einziges fantastisches Element um uns durch eine entsetzliche Hirnlandschaft zu zerren.

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Harlan Ellison
ICH MUSS SCHREIEN UND HABE KEINEN MUND
Ü: Diverse
(Best of Collection)
München, Heyne, 2014, 670 Seiten
ISBN 978-3-453-31557-0 / 18,99 Euro

 

Auf dieses Buch mussten die deutschen Science-Fiction-Fans mehr als vierzig Jahre warten! Tatsächlich erschienen die beiden einzigen deutschsprachigen Sammelbände mit Texten von Harlan Ellison in den Jahren 1972 und 1973 – und das war‘s dann.
Jede einzelne der zwanzig Erzählungen, die in dem Kurzgeschichtenband „Ich muss schreien und habe keinen Mund“ enthaltenen ist,

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Joe Shuster – Vater der Superhelden

von am 21. Juni 2018 Kommentare deaktiviert für Joe Shuster – Vater der Superhelden

Joe Shuster Graphic NovelJulian Voloj (Text) & Thomas Campi (Bilder)
JOE SHUSTER – VATER DER SUPERHELDEN.
Übersetzt von Julian Voloj.
Vorwort von Michelle „Chelle“ Mayer.
(The Artist behind Superman: The Joe Shuster Story / 2018)
Hamburg, Carlsen, 2018, 176 Seiten
ISBN 978-3-551-76920-6 / 19,99 Euro

 

Jeden Tag eine gute Tat. Deshalb wurde ich Polizist.
Heute half ich einem alten Herrn im Park. Er schlief auf einer Bank und wirkte etwas mitgenommen als ich ihn weckte. Ich brachte ihn in ein Diner und spendierte ihm eine Suppe.
Zum Dank erzählte er mir eine Geschichte.
Seine Geschichte.
Eine unglaubliche Geschichte.
Er sei Joe Shuster, der Erfinder von Superman. Sein Zeichner.
Er und sein Kumpel Jerry Siegel haben Superman erfunden und dann über viele Jahre hinweg die Superman-Comics auch geschrieben und gezeichnet. Und obwohl sie die Schöpfer waren, verdienten andere das große Geld. Sie wurden mit „Peanuts“ abgefunden. Als sie dagegen klagten, wurden sie rausgeworfen. Und ihren Prozess verloren sie auch noch.
Rechte weg, Arbeit weg, Geld weg, Gesundheit weg – und Superman wurde erfolgreicher und erfolgreicher.
Wie gesagt: Eine unglaubliche Geschichte!
Die sollte mal jemand aufschreiben und erzählen.

Das ist jetzt (endlich) passiert.
Bei Carlsen kann man die Lebensgeschichte von Joe Shuster ab sofort als „graphic novel“ nachlesen. Julian Voloj hat seinem Landsmann Shuster – und natürlich zugleich auch dessen Kollegen Jerry Siegel – ein tiefbewegendes Denkmal gesetzt. Seine Biografie erzählt nicht nur von der Herkunft der Familien Shuster und Siegel und dem Leben in Amerika zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sondern auch, wie die Superhelden in die Welt kamen und wie gewissenlose Menschen eine ganze Industrie über Jahrzehnte dominierten und den Künstlern ihre Urheberrechte wegnahmen und vorenthielten.
Dass sich die Lage der Comic-Zeichner und -Texter inzwischen deutlich verbessert hat – und wie es dann letztendlich dazu kam – auch davon erzählt dieses Buch.
In dem aus Italien stammenden Thomas Campi hat Voloj einen großartigen Zeichner gefunden, der es meisterlich versteht, die Realität dieser Geschichte ins Bild zu setzen und dabei die amerikanische Comic-Ästhetik an den passenden Stellen einzufügen.

Es gibt inzwischen eine unüberschaubare Zahl an Comics. Es gibt inzwischen jede Menge Biografien in Form von Graphic Novels. Es ist an der Zeit, einem der Urväter dieser Kunstformen endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Was wäre dazu besser geeignet als dieses Buch.

Horst Illmer

Julian Voloj (Text) & Thomas Campi (Bilder)
JOE SHUSTER – VATER DER SUPERHELDEN.
Übersetzt von Julian Voloj.
Vorwort von Michelle „Chelle“ Mayer.
(The Artist behind Superman: The Joe Shuster Story / 2018)
Hamburg, Carlsen, 2018, 176 Seiten
ISBN 978-3-551-76920-6 / 19,99 Euro

 

Jeden Tag eine gute Tat. Deshalb wurde ich Polizist.
Heute half ich einem alten Herrn im Park. Er schlief auf einer Bank und wirkte etwas mitgenommen als ich ihn weckte.

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Gebrauchsanweisung fürs Lesen

von am 13. Juni 2018 Kommentare deaktiviert für Gebrauchsanweisung fürs Lesen

Felicitas von Lovenberg
GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN.
München, Piper, 2018, 127 Seiten
ISBN 978-3-492-27717-4

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. Juni 2018 berichtet Sandra Kegel unter der Überschrift „Leser auf der Flucht“ von erschreckenden Zahlen, die eine Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zutage gefördert hat: „Zwischen 2013 und 2017 haben 6,4 Millionen Deutsche, die zuvor regelmäßig lasen, nicht mehr ein einziges Buch erworben. Das entspricht einem Rückgang von fast achtzehn Prozent.“

Dabei gibt es ja für einen Büchernarren nichts Schöneres als mit einem anderen Büchernarren über Bücher zu plaudern, Und gleich danach kommt die Lektüre von Büchern, geschrieben von Büchernärrinnen, handelnd von Büchern und anderen Büchernärrinnen.
Darum soll an dieser Stelle auf das in Bezug auf die obige Schreckensnachricht so wichtige neue Buch der Literaturkritikerin und Piper-Verlags-Chefin Felicitas von Lovenberg hingewiesen werden, das den herausfordernden Titel GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN trägt.
Das kleinformatige Leinenbändchen enthält auf knapp 130 Seiten so viel Liebens- und Lesenswertes über alles, was mit dem Lesen, mit Lesern, mit Sammlern, mit Büchern, mit Buchhandlungen und mit Bibliotheken zu tun hat, dass man einfach nur staunen kann. Wer jetzt denkt, da kann es doch nicht viel Neues geben, das kennt man doch alles schon, dem entgegne ich mit einer meiner Lieblingsstellen: „Ein Buch übers Lesen, das wäre mir bis vor Kurzem ähnlich überflüssig erschienen wie ein Sandkasten in der Sahara.“
Felicitas von Lovenberg hat mit ihrer GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN eine überzeugende „Kampfschrift“ für das Buch und für den Erwerb, Erhalt und Gebrauch der Lesefertigkeit geliefert – eine Liebeserklärung an die Literatur, der ich mich gerne anschließe.

Das Schlusswort gehört noch einmal Frau von Lovenberg: „Mehr denn je brauchen wir die Bücher, und die Bücher brauchen uns.“

Horst Illmer

Felicitas von Lovenberg
GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS LESEN.
München, Piper, 2018, 127 Seiten
ISBN 978-3-492-27717-4

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. Juni 2018 berichtet Sandra Kegel unter der Überschrift „Leser auf der Flucht“ von erschreckenden Zahlen, die eine Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zutage gefördert hat: „Zwischen 2013 und 2017 haben 6,4 Millionen Deutsche, die zuvor regelmäßig lasen, nicht mehr ein einziges Buch erworben. Das entspricht einem Rückgang von fast achtzehn Prozent.“

Dabei gibt es ja für einen Büchernarren nichts Schöneres als mit einem anderen Büchernarren über Bücher zu plaudern,

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Der dunkle Wald

von am 20. Mai 2018 Kommentare deaktiviert für Der dunkle Wald

Cixin Liu
DER DUNKLE WALD. Roman.
Aus dem Chinesischen von Karin Betz
(Heian Senlin / 2008)
München, Heyne, 2018, 815 Seiten
ISBN 978-3-453-31765-9

Eigentlich habe ich mich ganz schön geärgert darüber, dass es so lange gedauert hat, bis die Fortsetzung zu DIE DREI SONNEN endlich erschienen ist. Erstaunlicherweise hat sich diese ungebührliche Emotion jedoch nach der Lektüre der ersten paar Seiten von DER DUNKLE WALD verwandelt in eine Art von Beschämung über die unnötige Hast, die dabei im Spiel war.

Erinnern wir uns kurz: Am Ende von DIE DREI SONNEN war klar, dass die Erde Ziel einer Invasionsflotte von Trisolaris ist – und dass diese in etwa 400 (in Worten: vierhundert) Jahren eintreffen wird.

Genau damit „spielt“ Liu nun: Auch die Menschheit entwickelt einen „blinden Aktionismus“, macht Pläne, verwirft sie wieder, schwankt zwischen Hoffen und Bangen und blickt mit wachsender Verzweiflung in die Zukunft. Und das alles geschieht in den ersten Wochen, Monaten und Jahren nach dem vermuteten Start der Flotte.

Im 3. „Jahr der Krise“ beträgt der Abstand der Raumschiffe zum Sonnensystem 4,21 Lichtjahre, im „Jahr 8“ sind es 4,20 Lichtjahre, im „Jahr 20“ „nur“ noch 4,15 Lichtjahre – und damit sind wir in etwa in der Mitte von DER DUNKLE WALD angekommen und spätestens hier zeigt sich wie sinnlos Hast und überstürzter Aktionismus angesichts der Entfernungen im Weltraum und der relativen Geschwindigkeiten sind, die ein Raumfahrzeug erreichen kann. Geduld ist also nicht nur irgendeine Tugend, sondern beim Lesen dieser Trilogie wohl auch unumgänglich.

Zum Inhalt: Liu lässt seine Protagonisten diese chaotischen ersten Jahre sehr direkt und intensiv am eigenen Leib erleben, handelt es sich bei ihnen doch um die vier „Wandschauer“, die sich im Auftrag der UNO und des Weltverteidigungsrates „unkonventionelle“ Gedanken über eine mögliche Strategie machen sollen, mit der die Erde den eigentlich überlegenen Trisolariern doch noch Paroli bieten könnte. Ihnen gegenüber stehen die „Wandbrecher“ der ETO (Erde-Trisolaris Organisation), die als willfährige Helfer der Invasoren alles dafür tun, die Wandschauer-Ideen zu kontern.

Während der nächsten 200 Jahre geht es nun hin und her und am Ende verlassen wir den DUNKLEN WALD an jenem Punkt, an dem die Trisolarier die Hälfte der Strecke (und der Reisezeit) geschafft haben und noch 2,07 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt sind.

Und wir warten ruhig und emotionslos auf das Eintreffen des Feindes bzw. das Erscheinen des dritten Buches …
(Also auf, Heyne Verlag, mach hinne!)

Horst Illmer

Cixin Liu
DER DUNKLE WALD. Roman.
Aus dem Chinesischen von Karin Betz
(Heian Senlin / 2008)
München, Heyne, 2018, 815 Seiten
ISBN 978-3-453-31765-9

Eigentlich habe ich mich ganz schön geärgert darüber, dass es so lange gedauert hat, bis die Fortsetzung zu DIE DREI SONNEN endlich erschienen ist. Erstaunlicherweise hat sich diese ungebührliche Emotion jedoch nach der Lektüre der ersten paar Seiten von DER DUNKLE WALD verwandelt in eine Art von Beschämung über die unnötige Hast,

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Ein seltsamer Tag

von am 17. Mai 2018 Kommentare deaktiviert für Ein seltsamer Tag

Olaf Brill (Text) & Michael Vogt (Bilder)
EIN SELTSAMER TAG (1): ROBOTERMÄRCHEN.
Stolberg, Atlantis, 2018, 54 Seiten
ISBN 978-3-86402-554-9

Seit 2011 bereichert der von PERRY RHODAN-Autor Olaf Brill geschriebene und von Michael Vogt (MARK BRANDIS) gezeichnete Comic EIN SELTSAMER TAG das Magazin phantastisch! Aktuell (phantastisch! Heft 70) sind dreißig Episoden mit den (manchmal) mehr oder (meist) weniger spektakulären Abenteuern des Reinigungs-Roboters Niemand erschienen (ein Schelm, wer da an den Helden der ODYSSEE denkt).

Der Atlantis Verlag fand es wohl an der Zeit, diesen Einzel-Episoden eine neue, gediegen aufgemachte Heimat in Form eines großformatigen Hardcover-Albums zu schenken und legt nun den ersten EIN SELTSAMER TAG-Sammelband mit dem beziehungsreichen Untertitel ROBOTERMÄRCHEN vor.

Der komplett vierfarbige Band enthält alle bisher erschienenen phantastisch!-Geschichten (die ersten Episoden, die noch schwarzweiß waren, wurden nachkoloriert), plus drei exklusiv für ROBOTERMÄRCHEN gezeichnete Stories. Abgerundet wird das Buch von einem mehrseitigen Werkstattbericht, der tiefe Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Comics gibt – inklusive des von Vogt speziell für die Alien-Sprache der Gnump entworfenen Zeichensatzes, der es nun endlich ermöglicht, die entsprechenden Sprechblasen zu „übersetzen“.

Wer Spaß hat an schrägen Science-Fiction-Geschichten und gut gezeichneten Comics sollte unbedingt mal einen Blick riskieren. Wer EIN SELTSAMER TAG bereits aus dem Magazin kennt, hat hier die Möglichkeit, seine Erinnerung, ohne allzu großen Aufwand beim Durchblättern alter Hefte, aufzufrischen.

Und auch wenn es mich selbst schmerzlich trifft, kann ich Andreas Eschbach eigentlich nur zustimmen, der auf dem Einband mit dem Satz zitiert wird: „EIN SELTSAMER TAG ist immer das Erste, was ich mir vorknöpfe, wenn ein neues PHANTASTISCH! kommt.“

Horst Illmer

Olaf Brill (Text) & Michael Vogt (Bilder)
EIN SELTSAMER TAG (1): ROBOTERMÄRCHEN.
Stolberg, Atlantis, 2018, 54 Seiten
ISBN 978-3-86402-554-9

Seit 2011 bereichert der von PERRY RHODAN-Autor Olaf Brill geschriebene und von Michael Vogt (MARK BRANDIS) gezeichnete Comic EIN SELTSAMER TAG das Magazin phantastisch! Aktuell (phantastisch! Heft 70) sind dreißig Episoden mit den (manchmal) mehr oder (meist) weniger spektakulären Abenteuern des Reinigungs-Roboters Niemand erschienen (ein Schelm, wer da an den Helden der ODYSSEE denkt).

Der Atlantis Verlag fand es wohl an der Zeit,

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Batman: Dark Knight III – Die Übermenschen

von am 28. April 2018 1 Kommentar

Frank Miller & Brian Azzerello (Text)
Frank Miller, Andy Kubert, Klaus Janson, Brad Anderson, Alex Sinclair (Bilder)
BATMAN: DARK KNIGHT III – DIE ÜBERMENSCHEN.
Übersetzt von Bernd Kronsbein, Vorwort von Christian Endres
(DARK KNIGHT III: THE MASTER RACE. Vol. 1 – 9 / 2016/17)
Stuttgart, Panini, 2018, 380 Seiten
ISBN 978-3-7416-0782-0 (Hardcover)
ISBN 978-3-7416-0735-6 (Softcover)

Nachdem es Frank Miller 1986 mit DIE RÜCKKEHR DES DUNKLEN RITTERS geschafft hat, mich ins Lager der Comic-Leser zurückzuholen, hätte er mich mit seinem verunglückten DER DUNKLE RITTER SCHLÄGT ZURÜCK, dem zweiten DARK KNIGHT-Abenteuer von 2001, fast wieder davon abgebracht.

Jetzt ist bei Panini der dritte Teil der Miller’schen BATMAN-Saga mit dem Titel DIE ÜBERMENSCHEN erschienen (und ich hatte mich schon gefragt, wie sie dort wohl THE MASTER RACE übersetzen werden). Tatsächlich hat mich das Storytelling von Miller, der diesmal Unterstützung von Brian Azzarello hatte, und die zeichnerische Umsetzung durch Andy Kubert, Klaus Janson, Brad Anderson, Alex Sinclair und den Meister selbst, positiv überrascht. Trotz einiger Längen (der Band hat immerhin stolze 380 Seiten und damit fast so viel Umfang wie Teil 1 und 2 zusammen) fand ich die Geschichte um die auf Normalformat gewachsenen Kryptonier, die bisher ihr Dasein als miniaturisierte Erinnerung an Supermans Heimatwelt in der Flaschenstatt Kandor fristen mussten, recht originell.
Und auch, dass die vormals sehr problematische Beziehung zwischen Batman und Superman, trotz ihrer beider manchmal sehr unterschiedlichen Weltanschauung, in DIE ÜBERMENSCHEN beginnt, sich wieder zu normalisieren, kann diese beinahe epische Erzählung auf ihrer Habenseite verbuchen.

Für Sammler ergibt sich jetzt die Möglichkeit, die Geschichte in drei Varianten zu erwerben: In neun Original-Heften (mit jeweils einer Mini-Comic-Beilage), gesammelt in einem Band als Softcover und (für fünf Euro Aufpreis) als Hardcover. Die beiden Sammelbände eröffnet ein fetziges Vorwort von Christian Endres, ansonsten hält man sich mit „Bonusmaterial“ sehr zurück. Da droht wohl noch eine „Absolute Edition“ im Hintergrund.

Horst Illmer

Frank Miller & Brian Azzerello (Text)
Frank Miller, Andy Kubert, Klaus Janson, Brad Anderson, Alex Sinclair (Bilder)
BATMAN: DARK KNIGHT III – DIE ÜBERMENSCHEN.
Übersetzt von Bernd Kronsbein, Vorwort von Christian Endres
(DARK KNIGHT III: THE MASTER RACE. Vol. 1 – 9 / 2016/17)
Stuttgart, Panini, 2018, 380 Seiten
ISBN 978-3-7416-0782-0 (Hardcover)
ISBN 978-3-7416-0735-6 (Softcover)

Nachdem es Frank Miller 1986 mit DIE RÜCKKEHR DES DUNKLEN RITTERS geschafft hat, mich ins Lager der Comic-Leser zurückzuholen,

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Science Fiction Hall of Fame 2

von am 13. April 2018 Kommentare deaktiviert für Science Fiction Hall of Fame 2

Robert Silverberg (Hrsg.)
SCIENCE FICTION HALL OF FAME – DIE BESTEN STORYS 1948–1963.
Ü: Thomas Ziegler u. a., Vorwort: Hannes Riffel
(The Science Fiction Hall of Fame, Volume One, 1929–1964 / 1970)
München Berlin, Golkonda, 2018, 395 S.
ISBN 978-3-944720-56-2

Empfehlen möchte ich diesmal einen Titel, auf den wir ganz schön lange (eineinhalb Jahre) warten mussten. Aber es hat sich gelohnt.
Der zweite Teil der besten und wichtigsten Genre-Anthologie ist endlich erschienen: die von Robert Silverberg herausgegebene SCIENCE FICTION HALL OF FAME, diesmal mit den vierzehn besten Stories der Jahre 1948 bis 1963. Das Inhaltsverzeichnis liest sich erneut wie das Who-Is-Who der Science Fiction: Von Ray Bradbury bis Roger Zelazny sind über ein Dutzend hochrangige Meister der kurzen Form vertreten. Unter den Stories sind so bekannte Titel wie Arthur C. Clarkes „Die neun Milliarden Namen Gottes“, Daniel Keyes’ „Blumen für Algernon“ oder „Geliebtes Fahrenheit“ von Alfred Bester, aber auch einige selten nachgedruckte Geschichten wie Anthony Bouchers „Die Suche nach dem heiligen Aquin“ oder „Schöner Leben“ von Jerome Bixby. Und mit „Das Land der Sanftmütigen“ von Damon Knight liegt sogar eine deutsche Erstveröffentlichung vor.
Der Band ist, wie immer bei Golkonda, hervorragend ausgestattet und mit viel Liebe und Sorgfalt bearbeitet. Einige Geschichten wurden neu übersetzt, bei anderen wurden die vorhandenen Übertragungen mit den Originalausgaben abgeglichen und, wo nötig, überarbeitet.
Ex-Golkonda-Chef Hannes Riffel blickt in seiner „Vorbemerkung“ noch einmal voller Stolz auf dieses Projekt zurück, mit dem nun endlich erstmals die großartige Anthologie SCIENCE FICTION HALL OF FAME vollständig auf Deutsch vorliegt: in zwei Büchern mit zusammen achthundert Seiten, darin sechsundzwanzig Kurzgeschichten – und jede ein absolutes Meisterwerk! Mehr geht nun wirklich nicht.

Horst Illmer

Robert Silverberg (Hrsg.)
SCIENCE FICTION HALL OF FAME – DIE BESTEN STORYS 1948–1963.
Ü: Thomas Ziegler u. a., Vorwort: Hannes Riffel
(The Science Fiction Hall of Fame, Volume One, 1929–1964 / 1970)
München Berlin, Golkonda, 2018, 395 S.
ISBN 978-3-944720-56-2

Empfehlen möchte ich diesmal einen Titel, auf den wir ganz schön lange (eineinhalb Jahre) warten mussten. Aber es hat sich gelohnt.
Der zweite Teil der besten und wichtigsten Genre-Anthologie ist endlich erschienen: die von Robert Silverberg herausgegebene SCIENCE FICTION HALL OF FAME,

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Robert Silverberg

von am 7. April 2018 Kommentare deaktiviert für Robert Silverberg

Uwe Anton
ROBERT SILVERBERG – ZEITEN DER WANDLUNG.
Mit einer Rede von Robert Silverberg sowie einer Bibliografie von Joachim Körber.
München Berlin, Memoranda/Golkonda, 2018, 510 Seiten
SF Personality, Band 26
ISBN 978-3-946503-30-9

Sind wir nicht alle Fans? Selbst etablierte Autoren und/oder Kritiker kommen ja nicht aus dem Nichts, sondern haben mal „klein angefangen“. Diese Binsenwahrheit gilt gleichermaßen für das neue Buch von PERRY RHODAN-Autor Uwe Anton wie auch für den Gegenstand seiner Betrachtung, den amerikanischen Schriftsteller und Herausgeber (siehe weiter oben) Robert Silverberg.
Galt bisher der gute Isaac Asimov mit etwa 500 Büchern als „fleißigster“ Autor aus dem Bereich der Science Fiction, so ermittelt Anton für Silverberg lockere 600 Buchveröffentlichungen, von den mehr als 1.600 Kurzgeschichten ganz zu schweigen. Mehr als genug Material also, um einen 500-Seiten-Band zu füllen.
Unter dem Titel ROBERT SILVERBERG – ZEITEN DER WANDLUNG beschäftigt sich Anton im Band 26 der Reihe „SF Personality“ so ausführlich wie es derzeit nur möglich ist, mit dem Leben und vor allem dem Werk eines der ganz Großen der Science Fiction. Vorgestellt und besprochen werden fast alle Romane, die wichtigsten Sammelbände und herausragende Einzelgeschichten, die der 1935 in New York geborene Silverberg seit 1954 veröffentlicht hat. Aufgelockert wird diese Textflut durch mehrere hundert Abbildungen von deutschen und amerikanischen Buch-, Taschenbuch- und Magazin-Einbänden, und als hilfreiche Ergänzung hat Joachim Körber eine sechzig Seiten umfassende Bibliografie der deutschen Veröffentlichungen Silverbergs beigesteuert. Als i-Tüpfelchen gibt es dann noch die Ehrengastrede, die Robert Silverberg auf dem 1970 in Heidelberg abgehaltenen 28. Worldcon vortrug. Ein Buch (nicht nur) für Fans.

Horst Illmer

Uwe Anton
ROBERT SILVERBERG – ZEITEN DER WANDLUNG.
Mit einer Rede von Robert Silverberg sowie einer Bibliografie von Joachim Körber.
München Berlin, Memoranda/Golkonda, 2018, 510 Seiten
SF Personality, Band 26
ISBN 978-3-946503-30-9

Sind wir nicht alle Fans? Selbst etablierte Autoren und/oder Kritiker kommen ja nicht aus dem Nichts, sondern haben mal „klein angefangen“. Diese Binsenwahrheit gilt gleichermaßen für das neue Buch von PERRY RHODAN-Autor Uwe Anton wie auch für den Gegenstand seiner Betrachtung,

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Fortschritt und Fiasko

von am 4. April 2018 Kommentare deaktiviert für Fortschritt und Fiasko

Hans Frey
FORTSCHRITT UND FIASKO.
Die ersten 100 Jahre der deutschen Science Fiction. Vom Vormärz bis zum Ende des Kaiserreichs 1810–1918.
München Berlin, Golkonda/Memoranda, 2018, 316 S.
ISBN 978-3-946503-32-3

Wir hier in Deutschland haben in Punkto Sekundärliteratur zur Science Fiction einen echt großen Nachholbedarf. Nicht nur, dass es hierzulande immer noch keinen vernünftigen Gesamtüberblick über das Genre gibt, auch die immerhin reichlich sprudelnden Einzeldarstellungen leiden meist an einer, den akademischen Gepflogenheiten geschuldeten, Nahezu-Unlesbarkeit.
Aber alle paar Jahre gibt es sie dann doch, die berühmte „Ausnahme von der Regel“. Dann schreibt ein deutscher Autor ein Buch, welches nicht nur von großer Sachkenntnis zeugt, sondern auch noch in einem so flüssigen, leserfreundlichen Stil daherkommt, dass es eine wahre Freude ist.
Im Frühjahr 2018 ist wieder ein solches Prachtstück erschienen. Es handelt sich dabei um FORTSCHRITT UND FIASKO, das neue Buch von Hans Frey, in dem der Germanist, Lehrer und Ex-Politiker die „ersten 100 Jahre der deutschen Science Fiction“ kritisch unter die Lupe nimmt.
Der untersuchte Zeitrahmen reicht „vom Vormärz bis zum Ende des Kaiserreichs“, umfasst also die Jahre zwischen 1810 und 1918. Besonders die erstgenannte Zahl lässt aufhorchen, startet die SF-Historie doch laut Brian W. Aldiss (siehe dessen MILLIARDEN-JAHRE-TRAUM) im Jahr 1818 mit dem Erscheinen von Mary W. Shelleys FRANKENSTEIN.
Frey beginnt sein Buch also gleich mit einer steilen These: Für ihn fängt die Science Fiction mit dem 1810 veröffentlichten Werk INI an, einem „Roman aus dem 21. Jahrhundert“, geschrieben von dem preußischen Landadeligen und Offizier Julius von Voß (1768–1832), der damit der „erste SF-Autor Deutschlands (und damit sogar der Welt)“ (S.21) ist.
In den folgenden Kapiteln stellt Frey anhand zahlreicher Belege dar, dass es in Deutschland auch schon vor Kurd Laßwitz eine breitgefächerte Beschäftigung mit genretypischen Themen wie Zeitreisen, Utopien, Androiden und Weltraumfahrten gab. Natürlich waren es auch bei uns die Verkaufserfolge der Bücher von Jules Verne, die ab etwa 1870 dazu führten, dass Schriftsteller (und nur ganz wenige Schriftstellerinnen) jeder politischen Färbung und literarischen Klasse sich in dem plötzlich boomenden Genre Science Fiction versuchten.
Über dreihundert gut geschriebene, kenntnisreiche Seiten hinweg entführt uns Frey in die Vergangenheit unserer Zukunft, die um so vieles reicher und (vor allen Dingen) politischer war, als wir bisher vermuteten. Literaturverzeichnis und Index erschließen den Band und erleichtern die Suche nach bestimmten Titeln.
Hans Frey hat mit diesem Buch gezeigt, dass es nicht nur möglich, sondern auch mehr als ergiebig ist, sich mit der Geschichte eines von der akademischen Philologie noch viel zu wenig beachteten Bereichs der Unterhaltungsliteratur zu beschäftigen. FORTSCHRITT UND FIASKO ist bereits mit dem Erscheinen zum unverzichtbaren Standardwerk geworden.
Holt es euch!

Horst Illmer

Hans Frey
FORTSCHRITT UND FIASKO.
Die ersten 100 Jahre der deutschen Science Fiction. Vom Vormärz bis zum Ende des Kaiserreichs 1810–1918.
München Berlin, Golkonda/Memoranda, 2018, 316 S.
ISBN 978-3-946503-32-3

Wir hier in Deutschland haben in Punkto Sekundärliteratur zur Science Fiction einen echt großen Nachholbedarf. Nicht nur, dass es hierzulande immer noch keinen vernünftigen Gesamtüberblick über das Genre gibt, auch die immerhin reichlich sprudelnden Einzeldarstellungen leiden meist an einer, den akademischen Gepflogenheiten geschuldeten, Nahezu-Unlesbarkeit.
Aber alle paar Jahre gibt es sie dann doch,

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