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Tag 52 – eine kleine Geschichsstunde

von am 8. Mai 2020

Uns ist diese Woche eine Kuriosität in die Hände gefallen. Ein netter, langjähriger Kunde hat uns einen Flyer unseres Ladens aus dem Jahre 1985(!) mitgebracht. Da war der Laden gerade einmal im fünften Jahr.

Handwerk

Der Flyer ist allein handwerklich ein Fundstück aus einem anderen Zeitalter, dem Prädigitalicum. Da wurde noch ausgeschnitten und aufgeklebt und mit heute unvorstellbarem Aufwand montiert und gelayoutet. Das entstandene Produkt dann über die damals noch eher mittelmäßig entwickelte Fotokopie vervielfältigt. Trotzdem ist der Satz auch heute noch ganz nett anzusehen. Irgendwo zwischen (damals extrem verbreitetem) Fanzine und Infobroschüre.

Inhalt

Die im Flyer besprochenen und beworbenen Titel waren damals fast in Gänze mit hervorragendem Sachverstand ausgewählt. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Arbeit, denn mehrheitlich sind die darin beworbenen Werke bis heute wertig. Teilweise als Klassiker oder zeitlose Meisterwerke und teilweise in Fortsetzung bis heute relevant. Eine beeindruckende Auswahl, die aus unserer heutigen Sicht fast schon prophetisch wirkt. Die Verlagsprogramme waren damals noch deutlich kompakter. Das erklärt zum Teil, warum so viele der genannten Titel und Autoren auch heute noch relevant sind. Die Auswahl war vermutlich kompetenter und vor allem waren die Verkaufszeiträume länger, in denen Bücher oder Comics lieferbar gehalten wurden. Auch darin liegt sicher einer der Gründe, warum wir viele der Titel heute noch kennen und schätzen. Trotzdem werden auch einige Werke angepriesen, deren Nachhall nicht so einfach zu erklären ist. Deswegen nochmal Chapeau für die kompetente Auswahl.

Michi (in der Mitte) mit zwei weiteren Panzerknackern (Manuel im Hintergrund und Gerd) im Auftrag des Don Rosa…

Dramatis Personae

1985 war natürlich, wie wir alle wissen die Aera Hermke. Mein Vater hat den Laden 1981 gegründet und bis 1995, also noch weitere zehn Jahre als Inhaber geführt. 1996 haben dann Bernie und ich die Inhaberschaft übernommen.

Was aber gerne einmal vergessen wird ist, dass mein Vater Hermke in den ersten Jahren (neben Bernie als Aushilfe!) auch noch auf die tatkräftige Unterstützung eines wichtigen weiteren Mannes bauen konnte. Michi Kunath (schaut mal auf Seite 5 im Flyer, da ist er auch als Herausgeber von "Die Kinder Utopias" genannt) hat in irgendwelchen heute nicht mehr ganz aufzudröselnden Geschäftsbeziehungen zunächst kräftig mitgewirkt und bis zu seiner eigenen Ladeneröffnung der "Utopia Buchhandlung" in Nürnberg den Laden gewissermaßen mit meinem Vater gemeinsam aufgebaut. Michi und mein Vater waren sicher nicht immer einer Meinung und hatten in der Betrachtung von Arbeitsweisen ausreichend Diskussionsstoff aber sie waren Freunde und gemeinsame Streiter schon aus Prä-Romanboutique Zeiten. Die Schicksalsgöttin war im weiteren Verlauf wohl eher auf der Seite von Hermke und Michis Weg in der Phantastik endete Jahre später mit dem finanziellen Aus seiner Buchhandlung. Zeit ist da manchmal ein klein bisschen ungerecht und ich freue mich in diesem Zusammenhang wirklich sehr über das Fundstück.

Denn neben den Negativschlagzeilen, die Michi mit dem unglücklichen Firmen-Bankrott gemacht hat, ist er über all die Jahre nicht nur stets ein guter Freund sondern von Zeit zu Zeit auch ein quirliger Ratgeber und Helfer. Michi war damals in der Konstellation Hermkes Romanboutique eher der Ideengeber und PR-Minister. Wenn ich jetzt betrachte, was damals aus seiner Hand entstanden ist, liegt der Vergleich zu dem, was ich selbst im Hier und Heute mache auf der Hand. Der kreative Part von Hermkes Romanboutique. Mit anderen Mitteln zu einer anderen Zeit. Heute ist das mit Bernie und mir ein bisschen wie damals mit Hermke und Michi. Eine unglaublich gute Ergänzung von Fähigkeiten und Aufgabengebieten. Und ich bin wirklich froh, dass WIR uns in dieser Weise seit Mitte der Neunziger gegenseitig bereichern.

Na ja. Andere Zeit, andere Leute. In jedem Fall möchte ich an dieser Stelle unseren alten Freund Michi mal ein wenig aus dem Schatten ziehen. Auch nach seiner Zeit in Nürnberg gab es immer wieder schöne Passagen, in denen er sich hier in Würzburg in der Szene und für den Laden eingebracht hat. Mit Kreativität und Humor bei Veranstaltungen wie unserem "Comic-Salon Würzburg", den wir damals im Felix-Fechenbachhaus und im Zaubergarten durchgeführt haben oder bei Werbeaktionen, wie der Verteilung des "Beagle Boys Mirror" zur Signieraktion von Don Rosa…

Und irgendwie ist Michi auch mit daran schuld, dass ich heute hier bin. Denn meine Ausbildung zum Buchhändler habe ich damals in Nürnberg in seiner Buchhandlung gemacht. In diesem Sinne und an dieser Stelle ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit. Aus gegebenem Anlass und mit einem fetten Dankeschön an Michi, der neben meinem Vater Hermke zum Urgestein des Ladens gehört. In den langen, dunklen Korridoren der Zeit ist er irgendwo abgebogen und ein wenig in Vergessenheit geraten. Dank des Fundstückes konnte ich das jetzt ändern.

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von am 8. Mai 2020

Uns ist diese Woche eine Kuriosität in die Hände gefallen. Ein netter, langjähriger Kunde hat uns einen Flyer unseres Ladens aus dem Jahre 1985(!) mitgebracht. Da war der Laden gerade einmal im fünften Jahr.

Handwerk

Der Flyer ist allein handwerklich ein Fundstück aus einem anderen Zeitalter, dem Prädigitalicum. Da wurde noch ausgeschnitten und aufgeklebt und mit heute unvorstellbarem Aufwand montiert und gelayoutet. Das entstandene Produkt dann über die damals noch eher mittelmäßig entwickelte Fotokopie vervielfältigt. Trotzdem ist der Satz auch heute noch ganz nett anzusehen. Irgendwo zwischen (damals extrem verbreitetem) Fanzine und Infobroschüre.

Inhalt

Die im Flyer besprochenen und beworbenen Titel waren damals fast in Gänze mit hervorragendem Sachverstand ausgewählt. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Arbeit, denn mehrheitlich sind die darin beworbenen Werke bis heute wertig. Teilweise als Klassiker oder zeitlose Meisterwerke und teilweise in Fortsetzung bis heute relevant. Eine beeindruckende Auswahl, die aus unserer heutigen Sicht fast schon prophetisch wirkt. Die Verlagsprogramme waren damals noch deutlich kompakter. Das erklärt zum Teil, warum so viele der genannten Titel und Autoren auch heute noch relevant sind. Die Auswahl war vermutlich kompetenter und vor allem waren die Verkaufszeiträume länger, in denen Bücher oder Comics lieferbar gehalten wurden. Auch darin liegt sicher einer der Gründe, warum wir viele der Titel heute noch kennen und schätzen. Trotzdem werden auch einige Werke angepriesen, deren Nachhall nicht so einfach zu erklären ist. Deswegen nochmal Chapeau für die kompetente Auswahl.

Michi (in der Mitte) mit zwei weiteren Panzerknackern (Manuel im Hintergrund und Gerd) im Auftrag des Don Rosa…

Dramatis Personae

1985 war natürlich, wie wir alle wissen die Aera Hermke. Mein Vater hat den Laden 1981 gegründet und bis 1995, also noch weitere zehn Jahre als Inhaber geführt. 1996 haben dann Bernie und ich die Inhaberschaft übernommen.

Was aber gerne einmal vergessen wird ist, dass mein Vater Hermke in den ersten Jahren (neben Bernie als Aushilfe!) auch noch auf die tatkräftige Unterstützung eines wichtigen weiteren Mannes bauen konnte. Michi Kunath (schaut mal auf Seite 5 im Flyer, da ist er auch als Herausgeber von "Die Kinder Utopias" genannt) hat in irgendwelchen heute nicht mehr ganz aufzudröselnden Geschäftsbeziehungen zunächst kräftig mitgewirkt und bis zu seiner eigenen Ladeneröffnung der "Utopia Buchhandlung" in Nürnberg den Laden gewissermaßen mit meinem Vater gemeinsam aufgebaut. Michi und mein Vater waren sicher nicht immer einer Meinung und hatten in der Betrachtung von Arbeitsweisen ausreichend Diskussionsstoff aber sie waren Freunde und gemeinsame Streiter schon aus Prä-Romanboutique Zeiten. Die Schicksalsgöttin war im weiteren Verlauf wohl eher auf der Seite von Hermke und Michis Weg in der Phantastik endete Jahre später mit dem finanziellen Aus seiner Buchhandlung. Zeit ist da manchmal ein klein bisschen ungerecht und ich freue mich in diesem Zusammenhang wirklich sehr über das Fundstück.

Denn neben den Negativschlagzeilen, die Michi mit dem unglücklichen Firmen-Bankrott gemacht hat, ist er über all die Jahre nicht nur stets ein guter Freund sondern von Zeit zu Zeit auch ein quirliger Ratgeber und Helfer. Michi war damals in der Konstellation Hermkes Romanboutique eher der Ideengeber und PR-Minister. Wenn ich jetzt betrachte, was damals aus seiner Hand entstanden ist, liegt der Vergleich zu dem, was ich selbst im Hier und Heute mache auf der Hand. Der kreative Part von Hermkes Romanboutique. Mit anderen Mitteln zu einer anderen Zeit. Heute ist das mit Bernie und mir ein bisschen wie damals mit Hermke und Michi. Eine unglaublich gute Ergänzung von Fähigkeiten und Aufgabengebieten. Und ich bin wirklich froh, dass WIR uns in dieser Weise seit Mitte der Neunziger gegenseitig bereichern.

Na ja. Andere Zeit, andere Leute. In jedem Fall möchte ich an dieser Stelle unseren alten Freund Michi mal ein wenig aus dem Schatten ziehen. Auch nach seiner Zeit in Nürnberg gab es immer wieder schöne Passagen, in denen er sich hier in Würzburg in der Szene und für den Laden eingebracht hat. Mit Kreativität und Humor bei Veranstaltungen wie unserem "Comic-Salon Würzburg", den wir damals im Felix-Fechenbachhaus und im Zaubergarten durchgeführt haben oder bei Werbeaktionen, wie der Verteilung des "Beagle Boys Mirror" zur Signieraktion von Don Rosa…

Und irgendwie ist Michi auch mit daran schuld, dass ich heute hier bin. Denn meine Ausbildung zum Buchhändler habe ich damals in Nürnberg in seiner Buchhandlung gemacht. In diesem Sinne und an dieser Stelle ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit. Aus gegebenem Anlass und mit einem fetten Dankeschön an Michi, der neben meinem Vater Hermke zum Urgestein des Ladens gehört. In den langen, dunklen Korridoren der Zeit ist er irgendwo abgebogen und ein wenig in Vergessenheit geraten. Dank des Fundstückes konnte ich das jetzt ändern.

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6 Kommentare zu “Tag 52 – eine kleine Geschichsstunde”

  1. Oliver L. sagt:

    Das ist ja mal zu gut!

    1. Gerd sagt:

      Manches kommt eben unverhofft… Ich habs echt gefeiert.

  2. Stephan Schömig sagt:

    …..freut mich, dass euch der Fund zu einer kleinen Zeitreise inspiriert hat. Lag 30 Jahre bei meinen Eltern auf dem Dachboden und war schon fast auf dem Weg in die blaue Tonne .
    Das waren Highlights als Teenies, ein Besuch in der Roman- Boutique. Haben Hermke und Michi damals wahrscheinlich auch öfter mal genervt ; )
    …..danke & macht weiter so…..

    1. Gerd sagt:

      Ein fettes Dankeschön, dass du das vor der blauen Tonne bewahrt hast. Solche Aufhänger sind einfach Gold wert zur Inspiration.

  3. Ich freue mich gerade wie Bolle über dieses Fundstück – wenn man die Fantasy & SF Hitliste liest mit Donaldson, MZB, McCaffrey & Co., da ist doch reichtlich Historie vorhanden. Als Tolkienist freut mich natürlich besonders, dass der Atlas im Angebot ist, der in seiner zweiten Ausgabe bis heute das Referenzwerk per se darstellt.

    Tja, layouten, kleben, kopieren. Those were the days!

    1. Gerd sagt:

      Ich sag es ja, größtenteils unglaublich, wie zeitlos die Empfehlungen von damals waren… Heute UNDENKBAR, zumindest in dieser Ballung. Ich finde, das sollte Verlegern und Verlagskaufleuten von heute zu DENKEN geben.

comicdealer.de